Bundestagswahl 2025
Die Gesellschaft wandelt sich in hohem Tempo. Demografiebedingte Probleme in der Finanzierung der Sozialversicherungssysteme oder beim Fachkräftemangel müssen wir gesamtgesellschaftlich bewältigen. Gerade in der Sozial- und Gesundheitspolitik stehen in den nächsten Monaten und Jahren wichtige Weichenstellungen an.
Es geht jetzt um den Wechsel in eine neue Politik!
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Gesundheitspolitik nicht nur eine Nebenrolle spielen kann, sondern dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik auch damit zusammenhängt, dass es wohnortnahe niedrigschwelle Angebote zu (zahn-)medizinischen Leistungen gibt. Gesundheit muss in allen Gesetzesvorhaben berücksichtigt werden.
Gesundheitspolitische Positionen der Bundeszahnärztekammer
Freie Heilberufe
Hohe Qualität durch Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung
Die Patientinnen und Patienten in Deutschland vertrauen ihrer Zahnärztin oder ihrem Zahnarzt. Denn die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland gehört zur absoluten Weltspitze. Gemeinsam mit ihren Teams versorgen die Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Patentinnen und Patienten auf hohem Niveau. Wichtige Bedingungen dafür sind freie Arztwahl, die zahnärztliche Therapiefreiheit sowie die auf Vertrauen begründete individuelle Patientenbetreuung. Diese Erfolgsparameter dürfen nicht infrage gestellt werden und müssen durch kluge Regulierung vor Ökonomisierung sowie vor Verstaatlichung und Prüfbürokratie geschützt werden.
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Die zahnärztliche Versorgung in Deutschland ist geprägt durch eine Vielzahl unabhängiger zahnärztlicher Niederlassungen und die freie Ausübung des Zahnarztberufs. Dies ist der Kern der freiheitlichen und gemeinwohlorientierten Berufsausübung, die geschützt und gestärkt werden muss – in Deutschland und Europa.
Das Vertrauen der Patientinnen und Patienten hat sich die Zahnärzteschaft durch die hohe Qualität ihrer Arbeit erworben. Diese Qualität dauerhaft zu sichern, ist Aufgabe der beruflichen Selbstverwaltung, die von den
(Landes-)Zahnärztekammern wahrgenommen wird. Das Kammersystem überwacht die Einhaltung der Berufspflichten, entlastet den Staat und unterstützt die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung. In Zeiten einer politisch induzierten größeren Angebotsvielfalt müssen dieselben Maßstäbe für alle Anbieter zahnärztlicher Leistungen gelten.Die Selbstverwaltung ist eines der höchsten Güter im Gesundheitswesen, keinesfalls sollte der Staat das Gesundheitswesen verwalten. Darum müssen z.B. die Mehrheitsanteile aus der gematik wieder in die Hände der Leistungserbringer gebracht werden.
100 Arbeitstage pro Jahr verbringt eine Vollzeitkraft in einer Zahnarztpraxis durchschnittlich mit der Erfüllung von Dokumentations- und Informationspflichten – eine Bürokratielast, die ebenso unnötig wie folgenreich ist. Dadurch bleibt weniger Zeit für die zahnmedizinische Behandlung der Patientinnen und Patienten. Von einer neuen Regierung erwarten wir, dass sie dieser Bürokratiewut und der in ihr zum Ausdruck kommenden Kultur des Misstrauens gegenüber der niedergelassenen (Zahn-)Ärzteschaft entschieden entgegentritt, auch zum Wohle der Patientinnen und Patienten: Weniger Prüfbürokratie, dafür mehr Behandlungszeit und Zuwendung – das muss das Ziel eines unterstützenden Rechtsrahmens für die Niederlassung sein.
Menschen zu heilen und ihre Not zu lindern, ist der Kern der Zahnheilkunde. Darüber hinaus ist die Zahnmedizin auch ein wichtiger Wirtschaftssektor. Durchschnittlich fünf Personen arbeiten in einer Zahnarztpraxis, insgesamt hängen etwa 626.000Arbeitsplätze in Deutschland direkt oder indirekt von der zahnmedizinischen Versorgung ab oder sind von ihr induziert. Grund genug, um faire und sinnvolle Rahmenbedingungen in der Zahnmedizin zu schaffen.
Qualität erhalten und fördern
Hohe Qualität ist die Grundlage des Vertrauens in die Zahnmedizin
Deutschlands Zahnärzteschaft genießt hohes Vertrauen und das liegt vor allem an der hohen Qualität der zahnmedizinischen Behandlung. Die Organisation der Qualitätsförderung und -sicherung gehört zu den Kernaufgaben der (Landes-)Zahnärztekammern, deren Expertise bei regulatorischen Maßnahmen stärker genutzt werden sollte. Zur Qualitätssicherung gehört, dass Zahnheilkunde weiterhin nur von Approbierten ausgeübt werden darf.
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Beständig gute Qualität schafft Vertrauen. Dieses Prinzip hat sich über die Jahrzehnte auch in der Zahnmedizin bewährt: Das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Zahnärzteschaft ist durch das gesamte Personal in den Praxen hart erarbeitet.
Qualität zu sichern und zu fördern, gehört zu den Kernaufgaben der Zahnärzteschaft, der (Landes-)Zahnärztekammern und der Bundeszahnärztekammer. Es gehört zugleich zum Selbstverständnis und Berufsethos von Zahnärzteschaft und Kammern, permanent die Qualität der Zahnmedizin zu sichern und zu verbessern. Ihre Expertise und Erfahrung sollten bei der Entwicklung regulatorischer Maßnahmen, zum Beispiel im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), stärker genutzt werden.
Die Einbeziehung der Zahnärzteschaft und ihrer Selbstverwaltungsstrukturen sichert den Praxisbezug regulatorischer Maßnahmen. Denn die Qualitätssicherung und -förderung darf nicht zur Entwicklung bürokratischer Prüf-, Kontroll- und Berichtsroutinen führen, die keine nennenswerte Wirkung erzielen und den Praxisalltag unnötig belasten. Vielmehr müssen alle Maßnahmen des Qualitätsmanagements an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten und den konkreten Rahmenbedingungen des Praxisalltags ausgerichtet werden. Behördliches Misstrauen muss überwunden werden, eine neue Vertrauenskultur muss wachsen.
Kluge gesundheitspolitische Entscheidungen brauchen die Expertise der Wissenschaft. Die Zahnärzteschaft in Deutschland leistet beispielsweise mit der Deutschen Mundgesundheitsstudie einen wichtigen Beitrag zur Versorgungsforschung in der Zahnmedizin, die in ihrer Aussagekraft weltweit ihresgleichen sucht. Eine evidenzbasierte Zahnmedizin, die die praktischen Erfahrungen der Zahnärzteschaft und die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten einbezieht, ist die beste Grundlage für die Sicherung und Förderung der Qualität auch in Zukunft.
Erstklassig ausbilden und Fachkräfte sichern
So bleibt die Mundgesundheit auch morgen gesichert
Zahnärztinnen und Zahnärzte versorgen mit ihren Teams täglich Hunderttausende von Menschen. Ohne die 542.000 Beschäftigten, die mittelbar und unmittelbar in der Zahnmedizin arbeiten, wäre eine flächendeckende Patientenbetreuung undenkbar. Für das politische Ziel – einen wohnortnahen und niedrigschwelligen Zugang zur Zahnmedizin auch in Zukunft sicherstellen zu können – braucht es gute Ausbildungsbedingungen für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner, eine Stärkung des erfolgreichen dualen Ausbildungssystems für die Mitarbeitenden in den Praxen und insgesamt attraktive Rahmenbedingungen.
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Die noch ausreichend große Zahl von inhabergeführten zahnärztlichen Praxen in Stadt und Land ist Grundvoraussetzung für die wohnortnahe und niedrigschwellige Versorgung. Damit die zahnmedizinische Versorgung überall auf diesem Niveau bleibt, müssen junge Menschen motiviert werden, sich im ländlichen Raum niederzulassen. Auch die wissenschaftliche und finanzielle Ausstattung der Universitäten muss nachhaltig gesichert werden. Wir sehen die Notwendigkeit, den Hochschulzugang zu reformieren und dazu die erforderlichen Auswahlverfahren zu verändern. Zudem sind attraktive Angebote für Zahnärztinnen und Zahnärzte auf dem Weg in die Selbstständigkeit und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erforderlich. Zum Beispiel sollte Kinderbetreuung zu 100 Prozent steuerlich absetzbar sein.
Weiterhin müssen die Berufsanerkennungsverfahren für Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Drittstaaten effizienter und schneller werden, ohne dabei die Patientensicherheit zu gefährden.
Es ist wichtig, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die zahnärztlichen Teams zu gewinnen, denn ohne die rund 354.000 Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) und ZFA-Auszubildenden in den Praxen wäre eine hochwertige zahnmedizinische Versorgung nicht möglich. Das deutsche Gesundheitswesen kann die demografischen Veränderungen ohne die Integration ausländischer Fachkräfte nicht optimal bewältigen, sodass sich die BZÄK für eine ethische Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten einsetzt. Darüber hinaus begrüßen wir unterstützende politische Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, auch die Teilhabe ausländischer Fachkräfte am sozialen und gesellschaftlichen Leben zu fördern.
Neben der Fachkräftegewinnung kommt der Fachkräftesicherung eine besondere Bedeutung zu; die BZÄK fordert die politische Unterstützung einer positiven gesellschaftlichen Anerkennung von praktischen Berufen und eine Stärkung der dualen Berufsausbildung. Denn das duale Ausbildungssystem ist für die Zahnarztpraxen von herausgehobener Bedeutung: Die Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) zählt unter jungen Frauen zu den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen in Deutschland mit 15.500 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen in 2024/2025.
Aufklären und vorbeugen
Prävention und Gesundheitsförderung als Grundpfeiler für eine gute (Mund-)Gesundheit
Wechselwirkungen zwischen der Mund- und der Allgemeingesundheit sind seit vielen Jahren wissenschaftlich belegt. Zahnmedizinische Prävention und Gesundheitsförderung führen so zu einer signifikanten Verbesserung der Mundgesundheit und auf diese Weise, neben Kosteneinsparungen, zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität mit positiven Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Es ist daher wichtig, die Expertise der Zahnärzteschaft im Bereich der Prävention systematisch zu nutzen.
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Die Zahnärzteschaft und ihre Selbstverwaltung verfügen über große Expertise in der Prävention, die gesetzgeberisch und politisch genutzt werden kann, z.B. bei der seit vielen Jahren geplanten Novellierung des Präventionsgesetzes und bei der Umsetzung der Prävention in Lebenswelten (§ 20a SGB V). Darüber hinaus fordert die Bundeszahnärztekammer seit Jahren, Mundgesundheit als neuntes Ziel in das Präventionsgesetz aufzunehmen, um auch im Sinne des „Global Oral Health Action Plan 2030“ der WHO aktiv zu werden.
Da Menschen im jungen und mittleren Erwachsenenalter keine Arztgruppe so regelmäßig kontrollorientiert aufsuchen wie Zahnärztinnen und Zahnärzte, könnten ernährungsbedingte Munderkrankungen in der Zahnarztpraxis zum ersten Mal erkannt werden. Hieraus ergibt sich die Chance, über zahnärztliche Beratungsimpulse frühzeitig zahn- und allgemeinmedizinischen Erkrankungen vorzubeugen, die ernährungsbedingt sind. Dies kann zu einer besseren (Mund-)Gesundheit der Patientinnen und Patienten beitragen und die Ressourcen im Gesundheitssystem nachhaltig entlasten.
Es ist daher von gesundheitspolitischer Bedeutung, die Zahnärztin und den Zahnarzt an der Schnittstelle zur Allgemeinmedizin in der Rolle als Präventivmediziner zu stärken. Beispielsweise kann eine unbehandelte Parodontitis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer oder Komplikationen in der Schwangerschaft führen. Ernährungszahnmedizinische Impulse und die Information von Patientinnen und Patienten über das präventive und therapeutische Potenzial für die (Mund-)Gesundheit sollten sich zu Routinen in der Zahnarztpraxis entwickeln.
Verhaltens- und verhältnispräventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen müssen von der Bundesregierung gefördert und umgesetzt werden. Dazu zählt z.B. die Einführung einer Zuckerabgabe. Zucker wird zu häufig als billiger Bestandteil hochverarbeiteter Nahrungsmittel zur Konservierung eingesetzt. Eine Zuckerabgabe dient nicht nur der Gesunderhaltung der Zähne, sondern hat auch einen bedeutenden Einfluss auf die Allgemeingesundheit der Bürgerinnen und Bürger.
Wohnortnah behandeln
Attraktive Rahmenbedingungen für flächendeckende Zahnmedizin
Verlässlich, niedrigschwellig, wohnortnah – die Patientinnen und Patienten der Zahnmedizin werden in Deutschland exzellent versorgt. Damit das so bleibt, muss die Hauszahnarztpraxis gestärkt werden. Auch auf dem Land bietet die inhabergeführte Zahnarztpraxis individuell abgestimmte Behandlungsmöglichkeiten. Die BZÄK fordert die Politik dazu auf, die zahnmedizinische Versorgung durch gute Rahmenbedingungen flächendeckend zu sichern.
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Die inhabergeführte Zahnarztpraxis macht den Kern der zahnmedizinischen Versorgung aus. Patientinnen und Patienten schätzen die nachweislich kurzen Wartezeiten und die individuellen Beratungsangebote ihrer Zahnärztin und ihres Zahnarztes. Gemeinsam mit Hausarztpraxis und Apotheke sichert die inhabergeführte Zahnarztpraxis die medizinische Grundbetreuung in Deutschland – auch auf dem Land. Hier muss die Politik gute Rahmenbedingungen schaffen. Denn das wohnortnahe Behandlungsangebot steht vor großen Herausforderungen.
Während in den Ballungsgebieten hohe Kosten z. B. für Mieten die Praxisgründung erschweren, sind es in ländlichen Regionen vor allem die Defizite der Infrastruktur, die es für junge Kolleginnen und Kollegen immer unattraktiver machen, sich auf dem Land und in eigener Praxis niederzulassen. Bund, Länder und Kommunen müssen deshalb handeln und attraktive Bedingungen durch Investitionen in Infrastruktur, durch gute Schulen und Kinderbetreuung, Unterstützung für pflegende Angehörige, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur- und Freizeitangebote sicherstellen. Gemeinsam mit der Politik müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Arbeit machen können und die Mundgesundheit flächendeckend auf Spitzenniveau bleibt.
Lösungsvorschläge gegen die ländlichen Ausdünnungsprozesse liegen auf dem Tisch. Wo sich Zahnärztinnen und Zahnärzte zur Niederlassung auf dem Land entscheiden, sollten sie beim Aufbau ihrer Praxis unterstützt werden, etwa über zinsgünstige Darlehen.
Verlässlich, niedrigschwellig und wohnortnah – dafür steht auch die zahnärztliche Selbstverwaltung. Die Politik muss die Kammern dabei unterstützen, das patientenorientierte Versorgungsnetz freiberuflicher Zahnarztpraxen zu erhalten und zu fördern. So machen wir die zahnmedizinische Versorgung gemeinsam fit für die Zukunft.
Gute Behandlung auch für vulnerable Gruppen ermöglichen
Gesunde Zähne auch in der Pflege
Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, können sich oft nicht selbst um die Zahnpflege kümmern. Aber die Mundgesundheit ist auch ein wichtiger Faktor für die allgemeine Gesundheit und eine hohe Lebensqualität. Wir wollen deshalb die Kooperation zwischen Zahnmedizin und Pflege ausbauen.
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Der Erhalt der Mundgesundheit ist auch im Alter oder in einer Pflegesituation ein wichtiges Ziel. Erkrankungen der Zähne und des Mundes stehen im Zusammenhang mit zahlreichen Allgemeinerkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schwere Entzündungsprozesse, etwa bei unbehandelter Parodontitis, werden auch im Zusammenhang mit einer Alzheimererkrankung diskutiert. Umso wichtiger ist es, mit zahnärztlicher Prävention und häuslicher Mundhygiene vorzubeugen – besonders dort, wo Menschen sich nicht selbst um ihre Zahnpflege kümmern können oder vulnerable Patientengruppen, etwa im stationären Bereich oder in Wohneinrichtungen, aus dem Blick geraten.
Vor allem Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner in kleinen Praxen übernehmen die zahnmedizinische Behandlung dieser Menschen. Daher müssen Niederlassungen in eigener Praxis besonders gefördert werden. Eine Vor-Ort-Behandlung - im Pflegeheim, vor allem aber auch in häuslicher Betreuung - kann durch den Ausbau und die Nutzung von mobiler Zahnmedizin gefördert werden. Prüfbürokratie darf solche vielversprechenden Initiativen nicht gefährden.
Berufsrechtliche Regelungen, die diesen wichtigen Behandlungsoptionen entgegenstehen, sollten so angepasst werden, dass die Betroffenen einen niedrigschwelligen Zugang zur Behandlung erhalten. Die Politik muss bestehende Barrieren abbauen und gesetzliche Möglichkeiten für den Ausbau der Kooperation zwischen Zahnmedizin und Pflege schaffen. Die BZÄK fordert deshalb, auch die Kooperation mit Einrichtungen der Behindertenhilfe gesetzlich zu verankern. So können wir die zahnmedizinische Versorgung aller Patientinnen und Patienten sicherstellen.
Allgemeingesundheit gibt es nur mit einem gesunden Mund. Ausbildungsinhalte der Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege müssen für Pflegefachkräfte und pflegende Angehörige flächendeckend umgesetzt werden. Pflege und Zahnmedizin arbeiten gemeinsam an Prävention und Aufklärung. Dabei muss die Politik sie unterstützen.
Reformierte Dualität im Krankenversicherungssystem
GKV und PKV ergänzen sich als starke Versorgungspfeiler
Das duale System aus gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen (GKV und PKV) sichert die Finanzierung, Qualität und Innovationsfähigkeit der zahnmedizinischen Versorgung. Dieses bewährte System muss jedoch durch Reformen gestärkt werden.
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Die Finanzierung der Zahnmedizin in Deutschland beruht auf zwei Pfeilern: Der GKV, die eine hohe zahnmedizinische Behandlungsqualität für ihre Versicherten gewährleistet, und der PKV, die das gesamte Spektrum der modernen Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde auch darüber hinaus bietet. Gemeinsam sorgen sie für eine stabile Finanzierung der zahnmedizinischen Versorgung auf höchstem Niveau und dem neuesten Stand der Forschung.
Das duale System der Krankenversicherung hat sich in den vergangenen Krisenjahren als robust und leistungsfähig erwiesen. Die Patientinnen und Patienten wissen, dass sie sich in Deutschland stets auf die Zahnärzteschaft verlassen können, deren Arbeit im internationalen Vergleich höchsten Standards entspricht. Dieses hohe Behandlungsniveau wäre gefährdet, wenn man das feinkalibrierte System aus solidarischer Finanzierung, Eigenvorsorge und Wettbewerb zugunsten einer Einheitskasse beseitigen würde. Gleichzeitig sind die Folgen eines staatlichen Gesundheitssystems bekannt: Neun von zehn Praxen des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS in Großbritannien nehmen keine neuen erwachsenen Patientinnen und Patienten an.
Die Zahnmedizin hat in der Vergangenheit gewaltige Fortschritte gemacht und wird dies auch in Zukunft tun. Die Finanzierung durch die PKV treibt Innovationen voran und ermöglicht zahnmedizinische Therapien auf dem neuesten Forschungsstand.
Das duale System muss immer wieder an neue Rahmenbedingungen und an den medizinischen Fortschritt angepasst werden, um den Bedürfnissen und Erwartungen der Patientinnen und Patienten gerecht zu werden. Dafür sind zielgerichtete Maßnahmen im Rahmen einer „reformierten Dualität“ sinnvoll, die das bewährte Finanzierungssystem fortsetzen und weiterentwickeln. Zugleich muss dem Umstand im wahrsten Sinne des Wortes Rechnung getragen werden, dass die Sozialversicherungssysteme insgesamt unter Finanzierungsproblemen leiden. Die Antwort hierauf kann jedoch nicht die Abschaffung des dualen Systems sein. Vielmehr müssen finanzielle Ressourcen z.B. durch die faire steuerliche Refinanzierung sogenannter versicherungsfremder Leistungen oder die Einführung weiterer Steuerungselemente gehoben werden. Durch Elemente der Stärkung der Eigenverantwortung kann das System nachhaltig entlastet werden.
Fair vergüten
Private Gebührenordnung der Preisentwicklung anpassen
Jenseits der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfolgt die Honorierung zahnärztlicher Leistungen über die privaten Gebührenordnungen wie GOZ und GOÄ. Die Preismechanismen des Marktes greifen hier nicht. Die Honorare der GOZ müssen daher dynamisch an die Entwicklung der gestiegenen Kosten angepasst werden. Erhöht werden muss der GOZ-Punktwert, der seit 1988 unverändert bei 11 Pfennig (5,6 Cent) liegt.
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Die Preise für zahnärztliche Leistungen bestimmt nicht der Markt. Jenseits des SGB V und des sogenannten Bema sind sie in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) geregelt. Eine zügige und regelmäßige Anpassung der Leistungsvergütung an die Preisentwicklung fand und findet nicht statt, obwohl nicht zuletzt die Personal- und Sachkosten enorm gestiegen sind. Damit sind die Zahnärztinnen und Zahnärzte gegenüber anderen Freien Berufen, bei denen die Gebührenordnungen regelmäßig angepasst werden, deutlich benachteiligt.
Der GOZ-Punktwert ist das letzte Mal im Jahr 1988, also vor dem Mauerfall, erhöht worden. Seitdem liegt er bei 11 Pfennig, das entspricht 5,6 Cent. Die Weigerung, den GOZ-Punktwert anzupassen, kommt einer Geringschätzung der Leistungen gleich, die von der Zahnärzteschaft und dem Praxispersonal zum Wohle der Patientinnen und Patienten erbracht werden. Eine angemessene Erhöhung, die auch die Inflation sachgerecht abbildet, ist überfällig, um der Abwertung zahnärztlicher Leistungen endlich entgegenzuwirken.
Die letzte GOZ-Teilanpassung liegt bereits zwölf Jahre zurück. Und auch diese hat den Kosten des medizinischen Fortschritts keine Rechnung getragen. Der Punktwert wurde nicht angepasst. Um die Preissprünge bei Personal, Energie und Beschaffung etc. zeitnah auffangen zu können, muss die Leistungsvergütung automatisch und dynamisch an die steigenden Preise angepasst werden.
Ungebremste Vergewerblichung der Zahnheilkunde stoppen
Patientenwohl statt Profit
Seit es 2015 durch eine Gesetzesänderung ermöglicht wurde, haben fachfremde Investoren die Zahnmedizin als Renditeobjekt entdeckt und breiten sich nahezu ungebremst in Form von Investoren-MVZ (iMVZ) aus. Das kann negative Folgen für Patientensicherheit, die Behandlungsqualität und nicht zuletzt für die Verteilung der Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland haben. Bereits 30 Prozent aller zahnärztlichen MVZ befinden sich in Investorenhand.
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Obwohl in iMVZ nach Medienberichten massiver Umsatzdruck auf meist junge angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgeübt wird, erfolgt die Ausbreitung rasant. Es wird dort zu deutlich höheren Sätzen bei den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet als in herkömmlichen Zahnarztpraxen, was zum Ausbluten der ohnehin zu knapp bemessenen Budgets der gesetzlichen Krankenkassen führt. Außerdem wird kaum etwas für die Versorgung in ländlichen Gebieten getan – etwa 80 Prozent der iMVZ liegen in Großstädten mit hoher Kaufkraft. Auch nur in geringem Umfang leisten die Investorenpraxen einen Beitrag zur Versorgung von vulnerablen Gruppen wie alten und gehandicapten Menschen. Und schließlich betreiben nach einer Studie der Universität Bochum über 75 Prozent der Investoren Steuerflucht in Steuerparadiese wie die Cayman Islands, während die in freier Praxis niedergelassenen Zahnmediziner selbstverständlich ihre Steuern in Deutschland entrichten.
Wir fordern, nun endlich die lang angemahnte Regulierung der iMVZ durch räumlichen und fachlichen Bezug zum gründungsberechtigten Krankenhaus und durch Änderungen im Zahnheilkundegesetz (Mehrheit eines MVZ gehört in zahnärztliche Hände) umzusetzen. Außerdem ist Transparenz auf dem Praxisschild und im Internet über die wirklichen Eigentümer eines MVZ dringend erforderlich. Diese Regulierung muss endlich für gleich lange Spieße mit den herkömmlichen Praxen sorgen, die die Basisarbeit in Stadt und Land ohne Cherrypicking und Renditeoptimierung betreiben.
Patientenrechte wahren
Vertrauen und Vielfalt sichern die Versorgung
Wer eine zahnärztliche Praxis aufsucht, kann sich sicher sein: Das Verhältnis zu Zahnärztin und Zahnarzt genießt einen besonderen Schutz. Patientenrechte sind ein hohes Gut, und die BZÄK setzt sich für deren Erhalt und Stärkung ein.
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Über 90 Prozent der Patientinnen und Patienten in Deutschland bleiben ihrem Zahnarzt oder ihrer Zahnärztin ein Leben lang treu – ein Ausdruck der außergewöhnlichen Patientenzufriedenheit. Das zeigt, dass es ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Zahnärztinnen und Zahnärzten auf der einen sowie Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite gibt. Über die Wahl der geeigneten Therapie und mögliche Alternativen werden Patientinnen und Patienten verlässlich von ihrer Zahnärztin oder ihrem Zahnarzt informiert. Ihre Rechte sichert auch die Vielfalt der zahnärztlichen Praxen, die in Deutschland zu einem einzigartig hohen Versorgungsniveau geführt hat.
Die Zahnärzteschaft versteht sich auch als Sachwalter der Rechte der Patientinnen und Patienten. Daher setzen wir uns überall dort, wo diese Rechte gefährdet werden können, mit Nachdruck für ihren Erhalt ein – zum Beispiel im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens. Ein weiteres Beispiel ist die Gestaltung der ambulanten Versorgung. Die Sicherstellung bzw. Schaffung von Trägervielfalt in der ambulanten Versorgung ist zur Erreichung eines hohen Versorgungsniveaus ein sinnvolles ordnungspolitisches Ziel. Dabei dürfen jedoch Therapieangebote nicht durch ökonomische Interessen überlagert werden. Die Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass sich Ihre Behandlung ausschließlich nach ihren Bedürfnissen und Wünschen richtet.
Deshalb setzen wir uns auch für eine Stärkung der sprechenden Zahnmedizin ein. Das offene und verlässliche Beratungsgespräch zwischen Patientinnen und Patienten sowie Zahnärztinnen und Zahnärzten ist essenzieller Teil der zahnärztlichen Behandlung. Auch die unter dem Stichwort Prävention aufgeführten Forderungen zur Ernährungs- oder Rauchstoppberatung durch Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen zum zahnärztlichen Leistungsangebot gehören.
Es ist daher Ziel der BZÄK, die Patientenrechte zu stärken. Die Zahnärzteschaft klärt auf und berät, damit alle Patientinnen und Patienten die für sie optimale Behandlung erhalten können. Dazu sichert die BZÄK über ein bundesweites Netzwerk von Beratungsstellen, Schlichtungsmöglichkeiten und Gutachtern die hohe Qualität der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland. Wir fordern die Politik auf, die zahnärztliche Selbstverwaltung darin zu unterstützen.