§ 15 Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG)
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.
§ 11 Bundesärzteordnung (BÄO)
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.
§ 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
§ 1 Abs. 1 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ)
Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Zahnärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
§ 1 Abs. 1 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
- Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
§ 630a Abs. 1 BGB
Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
I.
Bei der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.
Die Aufgabe einer Marktverhaltensregel besteht darin, das Verhältnis zwischen Leistungserbringern, Leistungsempfängern und anderen Marktteilnehmern in sachgemäßer Art und Weise zu regulieren. Dabei ist den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung zu tragen.
Einerseits sollen Leistungsempfänger vor überhöhten, ggf. unangemessenen Honorarforderungen im Sinne des § 138 BGB bewahrt werden, andererseits dient vorliegend die Bindung an eine Gebührenordnung der Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs unter den Leistungsanbietern mit nachteiligen Folgen für die Qualität der erbrachten Leistungen. Gebührenordnungen beugen auch einem Verdrängungswettbewerb unter den Leistungsanbietern vor, um eine Monopolisierung zu verhindern und die Angebotsvielfalt für die Leistungsempfänger zu gewährleisten.
Konkret bestimmt die GOZ gemäß § 1 Abs. 1 GOZ die Vergütung der beruflichen zahnärztlichen Leistungen, sofern nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. Erlassen wird die GOZ durch die Bundesregierung auf der Ermächtigungsgrundlage in § 15 ZHG.
Hiervon ausgehend stellte sich zunächst die Frage nach der Reichweite der GOZ, nämlich ob diese lediglich wirksam ist im unmittelbaren vertraglichen Verhältnis zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem oder auch dann Anwendung findet, wenn der Zahnarzt die Leistung in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Zahnarzt-GmbH oder Medizinisches Vresorgungszentrum-GmbH) erbringt und Vertragspartner in dieser Konstellation Zahlungspflichtiger und juristische Person sind.
Mit Urteil vom 4. April 2024 hat der Bundesgerichtshof (Az:: III ZR 38/23) diese Frage nunmehr höchstrichterlich entschieden (Leitsatz):
„Der in § 1Abs. 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschriebene Anwendungsbereich der GOÄ setzt nicht voraus, dass Vertragspartner des Patienten ein Arzt ist, sondern dass die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht wird. Die GOÄ findet deshalb auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, zum Beispiel einem Krankenhausträger, abgeschlossen wird und ambulante Leistungen durch Ärzte erbracht werden, die lediglich im Rahmen eines Anstellungs- und Beamtenverhältnisses in der Erfüllung ihrer eigenen Dienstaufgaben tätig werden und selbst mit dem Patienten keine Vertragsbeziehung eingehen.“
II.
Bis zur Entscheidung des BGH war die Frage in der Rechtsprechung umstritten.
So hatte z. B. das OLG Frankfurt (Az.: 6 W 69/23 vom 21.09.2023) entschieden, dass Ärzte-GmbH oder MVZ-GMBH nicht an die GOÄ gebunden seien, sondern dass Normadressat der GOÄ aus dem Behandlungsvertrag gemäß § 1 Abs. 1 GOÄ ausschließlich Ärzte seien.
Ärzte-GmbH oder MVZ-GmbH seien nicht verpflichtet, ihre Leistungen an Selbstzahler nach Maßgabe der GOÄ abzurechnen, sondern könnten ihre Preise mit den zur Zahlung Verpflichteten unabhängig von der GOÄ und formfrei („pauschal“) vereinbaren.
Der BGH machte deutlich, dass das Oberlandesgericht verkennt, dass § 1 Abs. 1 GOÄ bereits dem Wortlaut nach nicht Bezug auf den Arzt als natürliche Person nimmt, sondern der Anwendungsbereich der GOÄ sich auf alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ erstreckt, sofern nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
Eine Differenzierung zwischen der Erbringung und Berechnung dieser Leistungen im direkten Vertragsverhältnis zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem und der Erbringung und Berechnung dieser Leistungen in abhängiger Tätigkeit des Arztes, wobei Vertragspartner des Zahlungspflichtigen eine juristische Person ist, erfolgt in der GOÄ (und auch der GOZ) nicht.
In beiden rechtlichen Gestaltungsformen handelt es sich bei der Behandlung durch Ärzte (notabene durch Zahnärzte) um „berufliche Leistungen“.
Deren Berechnung unterfällt nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 11 BÄO/§ 15 ZHG der GOÄ/GOZ.
Bestätigt wird diese Auslegung auch durch die Amtliche Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Bundestagsdrucksache 17/10488 vom 15.08.2012, Seite 18, zu § 630a BGB):
„Absatz 1 bestimmt nicht, wer die Behandlung in Person durchführt. Die Norm regelt nur, dass die eine Vertragspartei als vertragscharakteristische Leistung eine medizinische Behandlung zusagt. Diese Person wird in den Vorschriften als Behandelnder bezeichnet. Der die Behandlung Zusagende und der die Behandlung tatsächlich Durchführende können identisch sein, müssen es jedoch nicht. Es soll auch weiterhin möglich sein, dass der die Behandlung Zusagende im Sinne des Absatzes 1 und der die Behandlung tatsächlich Durchführende personenverschieden sind.
So kann es z. B. bei einer Praxisgemeinschaft oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum eine juristische Person sein, die Behandlungen zusagt und ihrerseits Behandelnde bereitstellt, die die Behandlungsleistung als Erfüllungsgehilfen für sie erbringen. … Alle von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Konstellationen werden durch Absatz 1 nunmehr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.“
Auf der anderen Seite vertrat das OLG Köln (Az.: 5 U 32/22) bereits mit seiner Entscheidung vom 16.08.2023 die Ansicht, dass die GOÄ auch auf Leistungen anzuwenden ist, die ein Arzt im Angestelltenverhältnis erbringt:
„Selbst erbrachte Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 2 GOÄ sind auch solche, die durch einen angestellten Arzt als Erfüllungsgehilfen einer juristischen Person erbracht werden.“
Das Oberlandesgericht nimmt in seinen Entscheidungsgründen insbesondere die Schutzbedürftigkeit des Patienten in den Blick:
„Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die Interessen der zur Zahlung der Vergütung Verpflichteten weniger schutzwürdig und die Interessen der an den Entgelten Berechtigten weniger regelungsbedürftig sein sollen, wenn die ärztliche Tätigkeit durch einen Berufsträger erbracht wird, der von einer juristischen Person beschäftigt wird und diese juristische Person Vertragspartner des Patienten wird" (vgl. KG Berlin, Urteil vom 4. Oktober 2016 - 5 U 8/16 -, Rn. 74, juris m. w. N.).
Dies wiegt umso schwerer vor dem Hintergrund der drohenden Missbrauchsgefahr bei einem engeren Anwendungsbereich der GOÄ entsprechend der Auffassung der Beklagten.
Fielen nämlich ambulante Behandlungen durch bei einer juristischen Person beschäftigte Ärzte aus dem Anwendungsbereich der GOÄ heraus, könnten sich Ärzte durch eine entsprechende Gestaltung und die Gründung einer juristischen Person relativ einfach einer Bindung an die GOÄ zum Nachteil des Patienten entziehen“.
„Dass aber der komplette Bereich ambulanter Behandlungen durch juristische Personen über (angestellte) Ärzte als Erfüllungsgehilfen nach dem Willen des Gesetzgebers ohne Regelungen zur Vergütungsgestaltung bleiben sollte, ist gerade angesichts der Entwicklung der GOÄ, bspw. in § 2 Abs. 2 GOÄ, zu mehr Schutz der Zahlungspflichtigen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. November 2009 - III ZR 110/09 -, BGHZ 183, 143-153, Rn. 13 ff.) äußerst fernliegend.“