Keine Beihilfefähigkeit der adhäsiven Befestigung der Gebührennummer 6100 GOZ

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen | Aktenzeichen: 2 A 301/ 17 (Vorinstanz VG Chemnitz 3 K 2206/ 14, 01.03.2017) | Dokumententyp: Urteil | Rechtskraft: 
Paragraphen: § 4 - Gebühren
Gebührennummern: 2197, 6100

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Die Berechnung der adhäsiven Befestigung neben der Gebührennummer 6100 GOZ ist zwar umstritten, aber vertretbar. Soweit die Beihilfeverordnung eine Nebeneinanderberechnung ausschließt, beseitigt dies aber die Beihilfefähigkeit.

 

 

Beschlusstext


Tenor
 

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 1.

März 2017 - 3 K 2206/14 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Klägerin begehrt die Anerkennung von Kosten im Wege der Beihilfe, die kieferorthopädischeLeistungen gemäß GOZ-Nr. 2197 (adhäsive Befestigung) neben der ebenfalls veranschlagten GOZNr.6100 (Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel) betreffen.

 

Die beihilfeberechtigte Klägerin legte der Beihilfestelle den kieferorthopädischen Behandlungsplan vom 27. Dezember 2013 für ihren im Jahr 2002 geborenen Sohn vor. Dieser wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 28. Januar 2014 als dem Grunde nach beihilfefähig anerkannt, allerdings mit der Einschränkung, dass die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 in Höhe von 437,32 EUR für die adhäsive Befestigung von Klebebrackets neben der GOZ-Nr. 6100 nicht beihilfefähig sei, weil letztere ihrem Leistungsinhalt nach eine Klebebefestigung umfasse. Die Klägerin bat mit E-Mail vom 8. Februar 2014- vom Beklagten als Widerspruch gewertet - um erneute Überprüfung der Erstattungsfähigkeit unter Vorlage eines Schreibens der behandelnden Kieferorthopädin. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

 

Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen nach 10 SächsBhVO beurteile sich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die
GOZ-Nr. 6100 umfasse das Positionieren, das Kleben von Brackets und die Überschussentfernung. Der Begriff„Klebebracket“ setze zwingend voraus, dass das Bracket „geklebt wird“. In der Zahnmedizin werde das Wort „Kleben“ jedoch synonym mit der „adhäsiven Befestigung“ gebraucht. Dies schließe die „adhäsive“ Befestigung ein (im Gegensatz zur - in der Praxis nicht mehr verwendeten – Befestigung durch Zementieren). Dagegen betreffe die mit der GOZ-Novelle neu eingeführte GOZ-Nr. 2197 als unselbständige Teilleistung regelmäßig (Ziel-) Leistungen der konservierenden oder prothetischen Versorgung. Dem stehe auch nicht die der GOZ-Nr. 2197 zugeordnete Punktzahl (130 Punkte) im Vergleich zu 165 Punkten für die GOZ-Nr. 6100 entgegen, denn die Hauptleistung der Eingliederung eines Klebebrackets bestehe gerade in dessen Befestigung.

 

Auf die am 22. August 2014 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht mit Urteil vom

1. März 2017 - 3 K 2206/14 - den Beklagten zur Anerkennung der Leistung nach GOZ-Nr. 2197 neben der GOZ-Nr. 6100. Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beurteile sich gemäß § 4 Abs. 5 SächsBhVO nach dem Gebührenrahmen der GOZ. Die Beihilfefähigkeit knüpfe an den Leistungsanspruch des Zahnarztes an und setze grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt habe. Für die Frage der Angemessenheit sei die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend. Zwar sei im konkreten Fall keine Entscheidung der Zivilgerichte erfolgt; die Frage sei auch nicht abschließend durch den Bundesgerichtshof geklärt. Indes sei die vorliegend zu beantwortende Gebührenfrage der Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 in der Zivilgerichtsbarkeit letztlich nicht umstritten (vgl. BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 14 BV 15.527 -, juris mit Überblick zur vorhandenen Zivilrechtsprechung). Die hierzu ergangene Rechtsprechung bejahe die Abrechenbarkeit nahezu einhellig; dieser sei zu folgen. Zwar sei weder der Wortlaut der GOZ-Nr. 6100 noch der GOZ-Nr. 2197 eindeutig; die systematische Auslegung lasse allerdings den Schluss zu, dass der Gesetzgeber von der Abrechenbarkeit der GOZ-Nr. 2197 neben der GOZ-Nr. 6100 ausgehe.

 

Hierfür spreche auch Sinn und Zweck der Regelung. Die geltend gemachten Aufwendungen für die GOZ-Nr. 2197 seien hiernach als angemessen anzusehen. Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Angemessenheit der Aufwendungen betreffend die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 bejaht. Die gebührenrechtliche Frage der Nebeneinanderabrechnung der GOZNrn. 6100 und 2197 sei nicht ausdrücklich geklärt und seit längerem umstritten. Zwar gehe wohl eine überwiegende Meinung in der Zivilrechtsprechung derzeit von deren Zulässigkeit aus. Es gebe aberunstreitig auch abweichende Rechtsprechung, die bislang mangels höchstrichterlicher Klärung auch nicht als hinfällig bezeichnet werden könne (z.B. AG Nürnberg und AG Burgdorf). Zudem sei die Frage in Fachkreisen weiterhin umstritten; es werde hierzu auf die vorgelegte Stellungnahme des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen e.V. vom 16. März 2017 verwiesen. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass es unterschiedliche Auffassungen zu der streitigen Gebührenfrage gebe, die jedenfalls als vertretbar zu werten seien. Die insoweit bestehende rechtliche Unsicherheit habe der Beklagte unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 79.08 -, juris) für den Anwendungsbereich des sächsischen Beihilferechts durch Nr. 4.5.8.2.10 Buchst. C VwV-SächsBhVO vom 21. Oktober 2014, veröffentlicht mit Sonderdruck Nr. 6/2014 des Sächsischen Amtsblatts vom 27. November 2014 geklärt; dieselbe Festlegung werde in der aktuell geltenden Nr. 4.5.9.2.10 Buchst. c VwV-SächsBhVO getroffen. Die streitgegenständlichen Aufwendungen seien erst in 2015 und damit nach Inkrafttreten der o.g. Verwaltungsvorschrift entstanden. Der Klägerin sei bereits aus Anlass der Vorlage des Behandlungsplans mit Schreiben vom 28. Januar 2014 - ausgehend von dem damals geltenden Erlass des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen vom 18. April 2013 - individuell mitgeteilt worden, dass die Position GOZ-Nr. 2197 nicht abrechenbar sei. Das Verwaltungsgericht trage den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts in keiner Weise Rechnung. Es habe nicht geprüft, ob es mehrere vertretbare Auslegungen gebe und ob sich der Beklagte als Beihilfe gewährender Dienstherr rechtzeitig verbindlich auf eine Auslegung festgelegt habe. Es habe unzutreffend angenommen, dass die Zivilrechtsprechung zu der streitentscheidenden Frage nicht (mehr) umstritten sei, nachdem es die abweichenden Entscheidungen als inhaltlich nicht überzeugend bewertet habe. Hierauf komme es indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht an, das allein auf die objektive Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung abstelle.

 

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 1. März 2017 - 3 K 2206/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die vom Beklagten zur Stützung seiner Auffassung zitierten Gerichtsentscheidungen stammten lediglich von zwei Amtsgerichten. Die Streitfrage sei wegen der Vielzahl der entsprechenden zivilgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht mehr umstritten. Auch nach der aktuellen Kommentierung der Bundeszahnärztekammer zur GOZ seien beide Gebührenpositionen nebeneinander abrechenbar. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2009 stehe dem nicht entgegen, weil sich eine Angemessenheit eben nur dann ergebe, wenn eine möglicherweise bereits erfolgte verbindliche Festlegung des Dienstherrn auch bei objektiver Betrachtung einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspreche; dies sei bei der vom Beklagten gewählten Auslegung nicht der Fall. Dem Senatsurteil vom 24. August 2018 - 2 A 887/16 -, juris sei nicht zuzustimmen. Es sei vielmehr zu prüfen, ob der Beklagte die von ihm zur Klärung der Rechtsfrage erlassene Verwaltungsvorschrift rechtmäßig habe erlassen dürfen und ob er diese zutreffend angewendet habe. Die vom Senat vertretene Auffassung habe zur Folge, dass die erlassene Verwaltungsvorschrift und ihre Handhabung nicht gerichtlich überprüft werden könnten. Es sei indes die Aufgabe der Gerichte, über ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden. Die Überprüfung der Verwaltungsvorschrift obliege nicht den Zivilgerichten, sondern dem Verwaltungsgericht, wie sich auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2008 - 2 C 19.06 -, juris ergebe.

 

Die Beteiligten haben nach Hinweis des Senats auf sein Urteil vom 24. August 2018 - 2 A 887/16 -, juris mit Schriftsätzen vom 20. März und 5. April 2019 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und ergänzend zur Sache Stellung genommen. Unter dem 7. Juni 2019 hat der Senat auf das Urteil des OVG NRW vom 23. November 2018 - 1 A 1044/17 -, juris Rn. 70, 71 sowie auf die insoweit zugelassene Revision (BVerwG, Beschl. v. 24. April 2019 - 5 B 10.19 u.a. -, juris) hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Behördenakte des Beklagten, die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Chemnitz und die Gerichtsakte des Berufungsverfahrens verwiesen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

 

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Grundlage von § 80 SächsBG i. V. m. § 10 SächsBhVO auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der GOZ-Nr. 2197 im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung ihres Sohnes. Der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

 

1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (st. Rspr. des BVerwG, vgl. nur Urt. v. 15. Dezember 2005, BVerwGE 125, 21 m. w. N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht daher die Vorschriften der Sächsischen Beihilfeverordnung (im Folgenden: SächsBhVO) vom 16. September 2014 (SächsGVBl. S. 530, 567) seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

 

2. Nach § 10 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsBhVO sind Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen dem Grunde nach beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat und ein Heil- und Kostenplan vorgelegt wird. Beides ist hier der Fall.
 

3. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 SächsBhVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nachnotwendig und der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die behördliche Entscheidung darüber unterliegt uneingeschränkterverwaltungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteile v. 30. Mai 1996 - 2 C 10.95 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12, v. 28. Oktober 2004 - 2 C 34.03 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 15 und vom 25. November 2004 - 2 C 30.03 - juris). Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beurteilt sich gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 SächsBhVO nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in der jeweils geltenden Fassung. Die Beihilfevorschriften verzichten insoweit auf eine eigenständige Konkretisierung des Begriffs „angemessen“ (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Februar 1994, BVerwGE 95, 117; BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - 14 BV 15.527-,juris Rn. 19; Senatsurt. v. 7. November 2016 - 2 A 138/15 -, juris Rn. 14) und begrenzen die Kostenerstattung grundsätzlich auf die Gebühren, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreiten (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 2 SächsBhVO). Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen an den Leistungsanspruch des Arztes an und setzt grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30. Mai 1996, DVBl. 1996, 1150; BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 a. a. O.). Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 79.08 -, juris Rn. 14 m. w. N.; Beschl. v. 5. Januar 2011 - 2 B 55.10 -, juris Rn. 4). Ist der Beamte vom Zivilgericht rechtskräftig zur Begleichung der Honorarforderung eines Arztes verurteilt worden, ist die Vergütung regelmäßig angemessen im Sinne des Beihilferechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. November 2004 – 2 C 30.03 - a. a. O.). Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2008 - 2 C 19.06 -, juris). Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen, deren Berechnung auf einer zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht, sind beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 9.08 - a. a. O. Rn. 14 m. w. N.). Mit Urteil vom 19. Oktober 2017 - 2 C 19.16 -, juris Rn. 18 f. hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu ergänzend ausgeführt:
Dieser Vertretbarkeitsmaßstab folgt aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten. Ihm liegt die Erwägung zugrunde, dass objektive Unklarheiten der Gebührenordnung nicht zulasten des Beihilfeberechtigten gehen sollen, indem dieser vor die Wahl gestellt wird, entweder auf eigenes Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Allerdings ist in der Regel davon auszugehen, dass die Gebührensätze der ärztlichen Gebührenordnungen, insbesondere durch die gegebenen Erläuterungen, eindeutig sind und sowohl von der Beihilfestelle als auch vom Gericht ohne Weiteres mit eindeutigem Ergebnis ausgelegt werden können. Objektiv zweifelhafte Gebührenvorschriften, bei denen es ernsthaft widerstreitende Meinungen über die Berechtigung des Gebührenansatzes geben kann, sind demgegenüber der Ausnahmefall (BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1994 - 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117 <119> und 2 C17.92 - juris Rn. 11 und vom 30. Mai 1996 - 2 C 10.95 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr.12 S. 19). Diese Erwägungen greifen freilich nur durch, soweit auch der Dienstherr es bei der Unklarheit belassen und nicht durch konkrete, veröffentlichte Hinweise auf die gebührenrechtliche Zweifelsfrage und seinen Rechtsstandpunkt dazu den Beihilfeberechtigten Gelegenheit gegeben hat, sich vor der Inanspruchnahme der Behandlung auf diesen Rechtsstandpunkt einzustellen und sich gegebenenfalls dem Arzt oder Zahnarzt gegenüber darauf zu berufen. Denn die Dienstherren können auch und gerade bei zweifelhaftem Inhalt der Gebührenordnungen ein berechtigtes Interesse daran haben, bestimmten häufiger wiederkehrenden, von ihnen als überhöht angesehenen Gebührenforderungen von Ärzten oder Zahnärzten an Beihilfeberechtigte entgegenzutreten und gegebenenfalls eine rechtliche Klärung herbeizuführen, wenn sie dies, etwa wegen des finanziellen Umfangs der sich zu der betreffenden Streitfrage summierenden Einzelbeträge, für zweckmäßig erachten. Hierzu steht zwar den Dienstherren - anders als den einzelnen Beihilfeberechtigten - insbesondere die Möglichkeit offen, die Bundesregierung als Verordnungsgeber auf häufiger auftretende Zweifelsfragen anzusprechen und in diesen Punkten auf eindeutige Regelungen in der Verordnung hinzuwirken. Aber auch solange und soweit solche Regelungen nicht erreicht werden, kann den Dienstherren die Möglichkeit der rechtlichen Klärung dann nicht abgesprochen werden, wenn sie selbst für rechtzeitige Klarheit über ihren Rechtsstandpunkt gesorgt und die Beihilfeberechtigten Gelegenheit gehabt haben, sich darauf einzustellen (BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1994 - 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117 <119> und - 2 C 17.92 - juris Rn. 12).

 

4. In Anwendung dieser Maßstäbe, denen sich der Senat anschließt, ist eine Abrechnung des von der behandelnden Kieferorthopädin im Behandlungsplan veranschlagten Honorars für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 in Höhe von 437,32 EUR neben der ebenfalls in Rechnung gestellten Leistung nach GOZ-Nr. 6100 nicht angemessen.

 

a) Eine Entscheidung im Zivilrechtsweg über die Forderung der Kieferorthopädin für die von ihr zwischenzeitlich offenbar erbrachten und abgerechneten Leistungen ist nicht ergangen. Auch ist die Frage der Auslegung der streitigen Gebührennummern höchstrichterlich nicht geklärt; eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage, ob die Tatbestände GOZ-Nr. 2197 und GOZ-Nr. 6100 nebeneinander abrechenbar sind, existiert nicht. Die Rechtsfrage wird in der Zivilrechtsprechung überwiegend bejaht (vgl. hierzu etwa BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - 14 BV 15.527 - a. a. O. Rn. 22; ferner den Überblick in der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme der PKV vom 16. März 2017, zu finden als Link unter der im Internet abrufbaren Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), Gebührenteil, GOZ-Nr. 2197). In der Kommentarliteratur ist sie umstritten (vgl. die gerade erwähnte Kommentierung der PKV einerseits und andererseits den ebenfalls im Internet abrufbaren Kommentar der Bundeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit den (Landes-)Zahnärztekammern, Stand Dezember 2017, GOZ-Nr. 2197; die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing, in: Der Kommentar BEMA und GOZ geht unter Bezugnahme auf die überwiegende Anzahl zivilrechtlicher Entscheidungen von einer Abrechenbarkeit beider Gebührenpositionen aus). Angesichts dieser Bestandsaufnahme kann von einer abschließenden

Klärung der Frage in der Zivilgerichtsbarkeit derzeit nicht ausgegangen werden (vgl. bereits Senatsurt. v. 24. August 2018 - 2 A 887/16 -, juris, das ebenfalls zur hier vorliegenden Konstellation der parallelen Abrechnung von GOZ-Nr. 2197 und 6100 bei Befestigung von Klebebrackets im Wege der sog. Schmelz-Adhäsiv-Technik ergangen ist). Eine solche könnte - ohne Entscheidung des Bundesgerichtshofs - allenfalls angenommen werden, wenn sämtliche mit der Frage befassten Zivilgerichte die Frage übereinstimmend beantworten würden bzw. eine abweichende Auffassung nicht denkbar wäre, etwa weil ausschließlich eine einzige Auslegung in Betracht kommt. Dies ist hier nicht der Fall (vgl. die abweichenden Urteile des Amtsgerichts Nürnberg vom 21. April 2015 - 12 C 7440/14 und des Amtsgerichts Burgdorf vom 6. Februar 2014 - 13 C 338/13 -), vielmehr erscheint die Rechtsfrage als offen und nicht zwingend einer einzigen Lösung zugänglich (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - a. a. O., wonach weder der Wortlaut von GOZ-Nr. 2197 noch von GOZ-Nr. 6100 eindeutig sei; vgl. insbesondere auch die Stellungnahme der PKV vom 16. März 2017, die sich differenziert mit den einschlägigen Argumenten anhand der hierzu ergangenen Rechtsprechung auseinandersetzt).

 

b) Der von der Kieferorthopädin veranschlagte Betrag entspricht bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung. Die Abrechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-NR. 6100 entspricht - wie vorstehend dargelegt - der derzeit überwiegenden Rechtsprechung der Zivilgerichte. Ob diese letztlich inhaltlich überzeugend ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.

 

c) Indessen hat der beihilfepflichtige Dienstherr vorliegend rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der GOZ gesorgt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember2009 - 2 C 9.08 - a. a. O. Rn. 14 m. w. N.; Beschl. v. 5. Januar 2011 - 2 B 55.10 - a. a. O. Rn. 11). Die Mitteilungsobliegenheit des Dienstherrn hinsichtlich der Auslegung nicht eindeutiger Gebührenziffern ärztlicher Gebührenordnungen ist gleichermaßen erfüllt, wenn der Dienstherr dem Beamten individuelle Hinweise erteilt oder wenn er - etwa in Verwaltungsvorschriften – generelle Auslegungshinweise gibt, von denen der Beamte Kenntnis nehmen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. Oktober 2017 - 2 C 19.16 - a. a. O. Rn. 22). So liegt es hier: Der Beklagte hat der Klägerin unmittelbar nach Vorlage des Behandlungsplans unter dem 28. Januar 2014 mitgeteilt, dass die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 für eine adhäsive Befestigung von Klebebrackets nicht beihilfefähig sei, weil der Leistungsinhalt von GOZ-Nr. 6100 eine „Klebebefestigung“ bereits umfasse. Die Begriffe „Klebebrackets“ und „adhäsiv befestigte Brackets“ würden synonym verwendet. Das Kleben sei Bestandteil der Leistung nach GOZ-Nr. 6100, so dass die GOZ-Nr. 2197 für die adhäsive Befestigung nicht zusätzlich berechnet werden könne. Dies stand im Einklang mit dem damals geltenden Erlass des SMF und entspricht der seit dem 29. Oktober 2014 - und somit vor Durchführung der im Jahr 2015 begonnenen Behandlung - geltenden Nr. 4.5.8.2.10 Buchst. c VwV-SächsBhVO vom 21. Oktober 2014 (ebenso die aktuell geltende Nr. 4.5.9.2.10 Buchst. c VwVSächsBhVO vom 24. Februar 2016).

 

Mit dieser Festlegung hat der Beklagte im Rahmen seiner Kompetenz zum Erlass norminterpretierender Verwaltungsvorschriften für den Anwendungsbereich des sächsischen Beihilferechts die Frage der Anwendbarkeit der GOZ-Nr. 2197 neben der GOZ-Nr. 6100 geklärt.

 

d) Die vom Beklagten vorgenommene Auslegung, die als Bestandteil der behördlichen Entscheidung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2008 - 2 C 19.06 -, juris; ebenso OVG NRW, Urt. v. 23. November 2018 - 1 A 1044/17 -, juris), begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Einwänden. Dass sie entgegen der nicht näher begründeten Auffassung der Klägerin inhaltlich vertretbar ist, ergibt sich ohne Weiteres aus dem unter 4.a) referierten Streitstand unter Einbeziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur. Der Senat erachtet die Auslegung des Beklagten, nach der die GOZ-Nrn. 6100 und 2197 nicht nebeneinander anwendbar sind, zudem als rechtlich zutreffend und folgt aus den nachfolgenden Erwägungen nicht der in der Zivilrechtsprechung mehrheitlich vertretenen gegenteiligen Ansicht.

 

aa) Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ kann der Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ ist eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden ist. So liegt es hier.

bb) Ausgehend vom Wortlaut der GOZ-Nr. 6100 umfasst die Leistungsbeschreibung die Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel. Hierzu gehören die Positionierung, die Eingliederung des Brackets und die Entfernung von Überschüssen (vgl. Kommentar der Bundeszahnärztekammer a. a. O. GOZ-Nr. 6100). Unter Berücksichtigung der Leistungsbezeichnung und des Umstands, dass es sich bei der Positionierung und der Überschussentfernung um vor- bzw. nachbereitende Nebenleistungen handeln dürfte, stellt die Eingliederung des Brackets den maßgeblichen Leistungsbestandteil dar. Mit Eingliederung kann logisch nur das Befestigen des Brackets gemeint sein; würde man dies anders sehen, verbleibt für den Begriff der Eingliederung kein denkbarer Inhalt. Nach der Leistungsbeschreibung muss es sich um ein Klebebracket handeln, also um ein im Wege des Verklebens zu befestigendes Bracket. Bei dieser Technik werden verschiedene Komposit-Kleber eingesetzt, die nach Anätzen des Schmelzes die Verbindung zwischen der Bracketbasis und dem Zahn übernehmen (vgl. Schopf, Curriculum Kieferorthopädie Band II, 4. Aufl., 2008, S. 473, zitiert nach der Stellungnahme der PKV v. 16. März 2017, S. 3). Die mittels Klebebefestigung durchgeführte Eingliederung des Brackets (sog. adhäsive Befestigung) ist damit dem Wortlaut nach Leistungsbestandteil der GOZ-Nr. 6100 (a. A., allerdings ohne Begründung, Kommentar der Bundeszahnärztekammer, a. a. O. GOZ-Nr. 6100, wonach die adhäsive Befestigung des Brackets von der Leistungsbeschreibung nicht umfasst sei. Diese Auslegung lässt offen, welche Leistung dann mit dem „Eingliedern des Klebebrackets“ gemeint sein soll).

 

Demgegenüber umfasst die Leistungsbeschreibung bei GOZ-Nr. 2197 die adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.). Die adhäsive Befestigung wird erreicht durch die physikalisch-chemische Vorbereitung der Kontaktflächen und die Anwendung des Adhäsivsystems im Mund des Patienten (Schmelz, Dentin und/oder Wurzeldentin, Aufbaumaterial, Wurzelkanalfüllmaterial, Aufbauten, Mesostrukturen an Implantaten etc.); die Nr. 2197 dient hierbei der Abgeltung des intraoral erforderlichen zahnärztlichen Mehraufwandes gegenüber einer konventionellen Klebung (so Kommentar der Bundeszahnärztekammer a. a. O. GOZ-Nr. 2197). Dem Wortlaut nach umfasst die GOZ-Nr. 2197 damit (auch) die Klebebefestigung - oder adhäsive Befestigung - eines Brackets. Denn letzteres wird zwar in der beispielhaften Aufzählung der Anwendungsfälle nicht benannt, was angesichts der Häufigkeit der Anwendungsfälle wohl nahegelegen hätte; die Auflistung ist indes - wie durch das Wort etc. kenntlich gemacht – nicht abschließend. Die Auslegung nach dem Wortlaut führt zu dem Ergebnis, dass die adhäsive Befestigung eines Klebebrackets beide Gebührentatbestände inhaltlich erfüllt.

 

cc) Die systematische Auslegung hat zunächst in den Blick zu nehmen, dass sich die beiden Gebührentatbestände in unterschiedlichen Abschnitten der GOZ finden, nämlich die Nr. 2197 im Abschnitt C (Konservierende Leistungen) und die Nr. 6100 im Abschnitt G (Kieferorthopädische Leistungen). Hieraus folgt indes lediglich, dass die Tatbestände unterschiedlichen Leistungsbereichen zugehören; über den konkreten Inhalt der jeweils den Gegenstand der Abrechnung bildenden Leistung sagt die Zuordnung zu unterschiedlichen Kapiteln per se nichts aus. Einer gleichzeitigen Abrechnung von Gebührentatbeständen steht sie deshalb nicht entgegen, sofern beide Gebührentatbestände selbständig nebeneinander angefallen sind und einen unterschiedlichen Leistungsinhalt aufweisen. Allerdings kann aus dem Umstand, dass keine der Gebührenziffern einen Ausschluss bzgl. der jeweils anderen enthält, nicht geschlossen werden, dass diese schon deshalb nebeneinander anwendbar sein müssten. Eine derartige durchgängige Systematik lässt sich der GOZ nicht entnehmen; sie wäre auch kaum durchführbar. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Ausführung mittels Adhäsivtechnik nicht ausdrücklich in die GOZ-Nr. 6100 aufgenommen worden ist.

 

Denn - wie bereits dargestellt - erfolgt die Eingliederung eines Klebebrackets durch Verkleben, also adhäsives Befestigen; für die zusätzliche Aufnahme der Ausführung mittels Adhäsivtechnik in die GOZ-Nr. 6100 bestand kein Anlass. Die systematische Auslegung gebietet damit jedenfalls keine parallele Abrechnung nach GOZ-Nrn. 6100 und 2197. Dies gilt auch nicht im Hinblick auf die

Bewertung dieser Tatbestände: Die GOZ-Nr. 6100 ist mit 165 Punkten, die GOZ-Nr. 2197 mit 130 Punkten bewertet. Diese Gewichtung erscheint schlüssig, weil das Eingliedern des Klebebrackets in Nr. 6100 mittels adhäsiver Befestigung der Hauptleistungsbestandteil und damit in derselben Größenordnung wie die adhäsive Befestigung nach Nr. 2197 bewertet ist. Der danach bei Nr. 6100 noch verbleibende - deutlich geringere - Punkterest entspricht in seiner Gewichtung den verbleibenden Nebenbestandteilen der Positionierung und Überschussentfernung.

 

dd) Die Auslegung nach dem Sinn und Zweck spricht ebenfalls dafür, dass die Eingliederung des Klebebrackets (ohne Positionierung und Überschussentfernung) im Rahmen der GOZ-Nr. 6100 und die adhäsive Befestigung nach GOZ-Nr. 2197 identische Leistungen darstellen und nicht nebeneinander abrechenbar sind. Denn bereits vor Einführung der GOZ-Nr. 2197 in der GOZ 2012 existierte die GOZ-Nr. 6100 in der jetzigen Fassung, die auf die 1988 eingeführte inhaltlich identische GOZ-Nr. 610 zurückgeht. Die von dieser Nummer umfassten Leistungen sind unverändert geblieben, wie sich aus dem identischen Wortlaut ergibt. Hieraus folgt, dass bei der GOZ-Novelle im Jahr 2011 das adhäsive Befestigen des Klebebrackets Hauptleistungsbestandteil der GOZ-Nr. 6100 war. Denn die Methode der Schmelz-Adhäsivtechnik wurde zu diesem Zeitpunkt seit langem als einzige Standardmethode in der Kieferorthopädie praktiziert, wohingegen andere Methoden, insbesondere mittels Befestigungszement, sich in der Praxis als ungeeignet erwiesen hatten (vgl. Diedrich, Kieferorthopädie II, 4. Aufl. 2000, S. 181, zitiert nach der Stellungnahme der PKV v. 16. März 2017, S.

 

5). Es erscheint ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber bei unverändertem Wortlaut dem Hauptleistungsbestandteil der GOZ-Nr. 6100 durch bloßes Hinzufügen des neuen Gebührentatbestands GOZ-Nr. 2197 einen anderen Inhalt geben wollte. Vor allem bliebe bei einem solchen Verständnis offen, welcher Leistungsinhalt, wenn nicht die adhäsive Befestigung, mit der Bezeichnung „Eingliederung eines Klebebrackets“ stattdessen gemeint sein sollte (vgl. bereits oben unter bb).

 

ee) Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Fürsorgepflicht des Beklagten dem Leistungsausschluss im konkreten Fall entgegenstehen könnte. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht hindert den Dienstherrn grundsätzlich nicht, die Aufwendungen für bestimmte Arzneimittel oder Therapien generell oder teilweise von der Beihilfefähigkeit auszuschließen. Sie verlangt weder, dass die aus Anlass von Krankheitsfällen entstandenen Aufwendungen der Beamten bzw. Versorgungsempfänger durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und einer ergänzenden Beihilfe vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <233>; BVerwG, Urteile vom 6. November 2009 - 2 C 60.08 - USK 2009, 162, juris Rn. 17; vom 5. Mai 2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 13 und vom 24. Februar 2011 - 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 13). Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass der vorliegend durch die Nichtanerkennung der GOZ-Nr. 2197 neben der GOZ-Nr. 6100 bewirkte partielle Leistungsausschluss im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung zu erheblichen Aufwendungen bei der Klägerin führen würde, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar wären (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. November 2017 - 5 C 6.16 -, juris Rn. 12 m. w. N.). Der Beklagte hat die Klägerin schließlich rechtzeitig vor Behandlungsbeginn auf den Leistungsausschluss hingewiesen und ihr dadurch ermöglicht, ihre weitere Vorgehensweise darauf abzustimmen und ggfs. auf eine mögliche zivilgerichtliche Klärung hinzuwirken. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision wird auf der Grundlage von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 63 Abs. 3 BeamStG i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG zugelassen. Der Senat verweist insoweit auf das die Abrechnung von Leistungen nach den Gebührennummern 6100 und 2197 bejahende Urteil des OVG NRW vom 23. November 2018 - 1 A 1044/17 -, juris; das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 24. April 2019 - 5 B 10/19 -, juris die vom Beklagten eingelegte Revision zugelassen. Die Frage dürfte sich nach Einschätzung des Senats in einer Vielzahl von Fällen stellen.

Beschluss

 

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 349,86 EUR festgesetzt.

 

 

Gründe

 

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, §

52 Abs. 3 GKG. Sie folgt der zutreffenden Festsetzung durch das Verwaltungsgericht und entspricht

der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 24. August 2018 - 2 A 887/16 - a. a. O. Rn. 24

ff.).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

 

 

 

 


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