Medizinische Notwedigkeit vonm Implantaten/ Herstellung einer Schablone

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Drei Implantate bei Freiendsituation können medizinisch notwendig sein. Die Gebührennummer 9003 GOZ erfasst nur die Verwendung einer Schablone. Deren Herstellung kann daher nach §6 I GOZ analog berechnet werden.

 

 

Urteilstext

 


 

Tenor


 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.709,51 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 27%  und die Beklagte 73%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

 

 Tatbestand


 

Der Kläger unterhielt im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif CV3H250 (Versicherungsnummer: 000/000000000). Die Erstattung von Aufwendungen von Zahnbehandlungen ist wie folgt geregelt (Ziffer 1.3 und 2.1 des Tarifblattes):

 

-       Zahnbehandlung (außer Zahnkronen aller Art und Inlays) sowie prophylaktische Leitungen : 100%

 

-       Zahnersatz, Zahnkronen aller Art, Inlays sowie Zahn- und Kieferregulierung einschließlich des zahnärztlichen Honorars für diese Maßnahmen: 75%

 

Bei dem Kläger wurde in den Jahren 2012 bis 2014 eine umfangreiche implantologische und prothetische zahnmedizinische Behandlung in der Praxis Dr. C.C. in Köln durchgeführt. Die Behandlung wurde wie folgt abgerechnet:

 

-       Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 5.374,58 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 13.880,26 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 15.914,87 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 5.781,58 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 11.651,60 Euro

 

Die Beklagte hat auf die vorgenannten Rechnungen die folgenden Zahlungen an den Kläger erbracht:

 

-       Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 4.979,51 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 10.779,26 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 11.471,03 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 4.108,44 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 8.817,87 Euro

 

Wegen der einzelnen Kürzungen, die die Beklagte vorgenommen hat, wird auf den von den Parteien vorgelegten vorgerichtlichen Schriftverkehr, die Leistungsabrechnungen und die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Differenz zwischen dem bereits erstatteten Betrag und dem Betrag, der nach dem vereinbarten Tarif bei vollständiger Regulierung nach seiner Ansicht zu erstatten wäre, insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.698,19 Euro. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

 

-       Rechnung Dr.C. vom 20.12.2012: 241,67 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 26.06.2013: 1.075,93 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 19.12.2013: 1.513,19 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.02.2014: 322,53 Euro

 

-       Rechnung Dr.C. vom 24.06.2014: 544,87 Euro

 

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung des nunmehr klageweise geltend gemachten Betrages auf.

 

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage darüber hinaus vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 473,62 Euro, die sich aus einer 1,5-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 3.304,12 Euro sowie der Pauschale und der Umsatzsteuer zusammensetzen.

 

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Behandlung insgesamt medizinisch notwendig war. Dies gelte insbesondere für die Implantate in Regio 17 und 47. Im Oberkiefer müssten aus statischen Gründen zwei Implantate in Regio 16 und 17 eingesetzt werden, da die Verankerung einer implantatgetragenen Brücke auf nur einem Implantat langfristig zu instabil sei. Zur Wahrung der Stabilität der Bezahnung des Gegenkiefers sei dann auch die Insertaion eines Implantats in Regio 47 notwendig.

 

Der Kläger hat mit der am 15.07.2014 zugestellten Klage zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 3.153,32 Euro sowie Nebenforderungen zu verurteilen. Mit dem Schriftsatz vom 22.09.2015 beantragt der Kläger nunmehr,

 

1.       die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.698,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 3.153,32 Euro seit Rechtshängigkeit sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 544,87 seit dem 23.09.2014 zu zahlen.

 

2.       die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 473,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

              die Klage abzuweisen.

 

Sie ist der Ansicht, dass die Implantate in Regio 17 und 47 nicht medizinisch notwendig waren, da laut den Indikationsklassen der implantologischen Berufsverbände keine Notwendigkeit  besteht, die fehlenden Zähne 17 und 47 durch Implantate zu ersetzen. Zudem liege im linken Oberkiefer - was unstreitig ist - ebenfalls keine Versorgung in der Regio 7 vor.

 

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2014 und vom 03.07.2015 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten. Auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. F.F. vom 13.04.2015 und 30.08.2015 wird insoweit vollumgänglich Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe


 

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auf Grund des zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherungsvertrages i.V.m. § 192 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf Zahlung von 2.709,51 Euro.

 

Die Beklagte ist dazu verpflichtet, im vertraglich vereinbarten Umfang die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung zu erstatten. Die Notwendigkeit bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Heilbehandlung dann als medizinisch notwendig i.S.d. § 192 Abs. 1 VVG anzusehen, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 192, Rn. 61 m.w.N.). Mit dem Begriff der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung wird - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Insoweit hängt die Beurteilung nicht allein von der Auffassung des Versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden Arztes ab, sondern von den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Steht danach die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern, nach medizinischen Erkenntnissen fest, folgt daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers. Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Ob dies der Fall ist, kann nur anhand der im Einzelfall maßgeblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehandlung bestimmt werden (vgl. BGH, VersR 2005, 1673 ff.).

 

Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger auf die vorgenannten Rechnungen weitere 2.709,51 Euro zu erstatten. Die Kürzung durch die Beklagte war nur in Höhe von insgesamt 988,68 Euro berechtigt. Im Übrigen war die Kürzung unberechtigt, da es sich bei den betroffenen Positionen um medizinisch notwendige Teilschritte der durchgeführten Heilbehandlung handelt. Die Gutachten des Sachverständigen Dr. F. - die bis auf eine Position im Ergebnis von beiden Parteien akzeptiert worden sind - überzeugen das Gericht vollumfänglich. Die Beweisaufnahme hat bezüglich der streitigen Positionen zu den folgenden Ergebnissen geführt:

 

Rechnung vom 20.12.2012:

 

Die auf dem Eigenlaborbeleg (Nr. 0707) ausgewiesenen Kosten für eine Fotodokumentation ausgewiesenen Kosten in Höhe von 15,10 Euro sind nicht erstattungsfähig. Der Behandlungsdokumentation kann nicht entnommen werden, wozu die Fotos konkret bei der Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker dienlich waren. Der Sachverständige hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es sich um eine Fotodokumentation und nicht um diagnostische Fotos handelt. Die Fotos dienten demnach der praxisinternen Dokumentation der Behandlung.

 

Zusammenfassung:

 

Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 20.12.2012 um 15,10 Euro zu kürzen

 

Rechnung  vom 26.06.2013:

 

(1.) Die Ziffer 2220 analog GOZ (127,88 Euro) durfte für den 15.01.2013 für die Rekonstruktion am Zahn 15 nicht berechnet werden, da die durchgeführte Tätigkeit mit der Analogberechnung der vorgenannten Ziffer nicht richtig abgebildet wird. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach berechtigt.

 

(2.) Vorliegend durfte die Ziffer 2681analog GOÄ (46,62 Euro) für die erfolgte „Manipulation des Unterkiefers“ berechnet werden, da es von der Tätigkeit her der Leistungsbeschreibung der Ziffer 2681analog GOÄ („Einrenkung der alten Luxation des Kiefergelenks“) entspricht. Es handelt sich um eine falladäquate, plausibel indizierte und gemäß den Unterlagen auch tatsächlich erfolgte berechnungsfähige Leistung. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt.

 

(3.) Die einmalige Kürzung der Rechnung um die Ziffer 9010 GOZ (304,13 Euro) war nicht berechtigt. Angesichts der verringerten Knochenmenge und Knochenqualität im Unterkiefer hätte ein einziges Implantat in Regio 46 ziemlich sicher zu einer baldigen Überlastung geführt. Eine auf zwei Implantaten getragene Brücke, welche die Kaulast von drei Zähnen zu tragen hätte, wäre auf Dauer zu instabil gewesen. Das zusätzliche Implantat in Regio 47 war demnach medizinisch notwendig.

 

(4.) Die von der Beklagten vorgenommene einmalige Kürzung der Rechnung um die Ziffer 9150 GOZ (125,28 Euro) war berechtigt. Die Ziffer 9150 kann nur einmal je Kieferhälfte berechnet werden und damit nicht - wie vorliegend erfolgt - jeweils einmal für die Regionen 47 und 46, da diese unmittelbar benachbart sind. Eine Abrechnung der vorgenannten Ziffer je tatsächlich versorgter Zahnregion ist nicht zulässig.

 

(5.) Die Berechnung der Ziffer 7000 analog GOZ (12,94 Euro) am 07.03.2013 in Regio 46-47 für die Herstellung der Schablone war zulässig. Die Ziffer 7000 analog GOZ kann neben Ziffer 9003 GOZ berechnet werden, da diese Ziffer das „Verwenden einer Orientierungsschablone / Positionierungsschablone zur Implantation“ zum Gegenstand hat. Der Begriff „Verwenden“ inkludiert nicht notwendig das „Erstellen“ der Schablone. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt.

 

(6.) Der Ansatz von Material- und Laborkosten im Zusammenhang mit dem Implantat in Regio 47 (258,18 Euro) war zulässig. Das Implantat in regio 47 war – wie bereits ausgeführt - medizinisch notwendig und damit auch die im Zusammenhang damit stehenden Material- und Laborkosten. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung war demnach nicht berechtigt.

 

Zusammenfassung:

 

Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 26.06.2013 um 253,16 Euro zu kürzen. In Höhe von 621,87 Euro war die Kürzung unberechtigt.

 

Rechnung  vom 19.12.2013:

 

(1.) Die dreimalige Berechnung der Ziffer 2040 analog GOZ (3 x 8,41Euro = 25,23 Euro) für den Optragate-Lippenschutz war nicht berechtigt. Das Anlegen einer Lippen offen haltenden und schützenden Vorrichtung ist eine unselbständige Hilfsleistung. Die Maßnahme ist bereits gemäß § 4 Abs. 3 GOZ („Anwendung von Instrumenten und Apparaten“) abgegolten.

 

(2.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Ziffer 2382 GOÄ (129,21 Euro) war berechtigt. Die mit dieser Ziffer berechnete Behandlung („Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation“) wurde so wie angegeben sicher nicht durchgeführt. Eine Indikation für eine Schleimhautplastik ist nicht ersichtlich.

 

(3.) Der Ansatz der Ziffer 443 GOÄ (43,72 Euro) war nicht zulässig, da es sich um einen gebührentechnischen Zuschlag zur Leistung nach Ziffer 2382 GOÄ bei ambulanter Durchführung dieser OP handelt. Da der Ansatz der Ziffer 2382 GOÄ nicht berechtigt war, kann auch der Zuschlag nicht verlangt werden.

 

(4.) Im Hinblick auf den Ansatz der Ziffer 6220 GOZ (35,43 Euro = 3,5 x 10,12 Euro), war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung zum Teil berechtigt. Die Leistung ist grundsätzlich zutreffend für die Abformung und Bissfixierung eines Arbeitsmodells als vorbereitende Maßnahme angesetzt. Sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 Euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 Euro) Satz berechnet werden. Es durfte demnach eine Kürzung in Höhe der Differenz (12,15 Euro) vorgenommen werden.

 

(5.) Im Hinblick auf den Ansatz der Ziffer 6230 GOZ (35,43 Euro = 3,5 x 10,12 Euro), war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung zum Teil berechtigt. Die Leistung ist grundsätzlich zutreffend für das Einkleben oder Einbinden eines Teilinnenbogens aus Draht angesetzt. Sie kann jedoch nur zum 2,3-fachen (23,28 Euro) und nicht zum 3,5-fachen (35,43 Euro) Satz berechnet werden. Es durfte demnach eine Kürzung in Höhe der Differenz (12,15 Euro) vorgenommen werden.

 

(6.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Ziffer 6260 GOZ (216,53 Euro) war berechtigt, da die mit dieser Ziffer berechnete kieferorthopädische Einordnung eines Zahnes in den Zahnbogen nicht erfolgte.

 

(7.) Die Ziffer 2697GOÄ (46,92 Euro) wurde zutreffend für das Anbringen eines Drahthäkchens o.ä. in den Rest von Zahn 14 in Ansatz gebracht. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war nicht berechtigt.

 

(8.) Die Ziffer 6210 GOZ (2 x 11,64 Euro = 23,28 Euro) wurde zutreffend zweimal für die Kontrolle des Behandlungsverlaufs angesetzt. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war nicht berechtigt.

 

(9.) Die Kürzung für die Ziffer 2030 GOZ (8,41 Euro) war nicht berechtigt. Die Leistung wurde nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zutreffend angesetzt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist.

 

(10.) Der Ansatz der Ziffer 2702 GOÄ (40,23 Euro) für das Wiederanbringen einer gelösten Apparatur war berechtigt, wenngleich sie nicht eindeutig dokumentiert worden ist. Die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung war somit nicht berechtigt.

 

(11.) Die dreimalige Berechnung der Ziffer 2040 GOZ („Anlegen von Spanngummi, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich“) für den 12.11.2013 war nicht zulässig. Die Ziffer 2040 GOZ hätte nur zweimal in Ansatz gebracht werden dürfen, so dass die Kürzung um 11,33 Euro berechtigt war. In einem Fall ist die Leistung nämlich weder hinreichend dokumentiert noch anhand der Röntgenbilder zahnmedizinisch plausibel nachvollziehbar.

 

(12.) Die von der Beklagten vorgenommene zweimalige Kürzung der Ziffer 2170 analog GOZ (2 x 182,62 Euro = 365,24 Euro) war nicht berechtigt. Die Ziffer 2170 analog GOZ konnte jeweils für die Zähne 37 und 35 für den präendodontischen Aufbau berechnet werden. Der Ansatz mit dem 1,9-fachen Satz ist zutreffend und angemessen.

 

(13.) Der zweimalige Ansatz der Ziffer 2410 analog GOZ (66,14 Euro + 33,07 Euro = 99,21 Euro) für die Zähne 35 und 37 war nicht berechtigt. Die Ziffer 2410 GOZ konnte nicht zweimal analog berechnet werden. Aus den Aufzeichnungen ergibt sich kein Hinweis auf die tatsächlich erbrachte Leistungsausprägung der Ziffer 2410 analog GOZ. Im Ergebnis war die von der Beklagten vorgenommene Kürzung in Höhe von 99,21 Euro demnach zulässig.

 

(14.) Die zweimalige Kürzung der Ziffer 2330 analog GOZ (2 x 14,23 Euro = 28,46 Euro) war berechtigt. Die berechnete Analogleistung für das Anfärben zur Kariesdiagnostik ist nach Kosten- und Zeitaufwand in Relation zur Hauptleistung nach Ziffer 2330 GOZ nicht gleichwertig.

 

(15.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) für die Einrenkung der alten Luxation des Unterkiefers war zulässig. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung. Der Patient konnte wegen offenkundiger Gelenkveränderungen infolge einseitiger Gelenkkompression links seine richtige Bisslage nicht mehr einnehmen.

 

(16.) Die von der Beklagten vorgenommene zweifache Kürzung der Ziffer 250 GOÄ (2 x 5,36 Euro = 10,72 Euro) war nicht berechtigt. Das Blut zur Durchfeuchtung des Augmentats wurde aus einer Vene entnommen und diese Leistung wurde zutreffend zweimal mit der Ziffer 250 GOÄ berechnet. Es muss sich dabei um unkontaminiertes Blut handeln, nicht um aufgesaugtes Sickerblut aus der Mundhöhle.

 

(17.) Die von der Beklagten vorgenommene zweifache Kürzung der Ziffer 253 GOÄ (2 x 9,38 Euro = 18,76 Euro) war nicht berechtigt. In beiden Implantationssitzungen erhielt der Patient  ein entzündungshemmendes Kortisonpräparat (Urbason), welches intravenös injiziert wurde.

 

(18.) Der dreifache Ansatz der Ziffer 7000 analog GOZ (3 x 12,94 Euro = 38,82 Euro) für die Herstellung einer Schablone war berechtigt. In der vorliegenden Sondersituation, dass Implantationsorte von Brücken überspannt sind, die kurzfristig entfernt und sofort wieder eingegliedert werden müssen, ist die Verwendung von Einzelschablonen für jede Kieferhälfte plausibel.

 

(19.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung bei der Ziffer 8100 GOZ (15,76 Euro) war nicht berechtigt. Mit Schriftsatz vom 24.11.2014 hat die Beklagte bereits erklärt, dass sie die Leistung anerkennt.

 

(20.) Der zweimalige Ansatz der Ziffer 8080 GOZ (2 x 32,34 Euro) war nicht zulässig. Die Ziffer hätte vielmehr nur einmal für den 21.11.2013 in Rechnung gestellt werden dürfen, so dass die Kürzung in Höhe von 32,34 Euro berechtigt war. In den Behandlungsunterlagen finden sich keine Angaben, aus denen sich die medizinische Notwendigkeit der zweimaligen Berechnung der vorgenannten Ziffer ergibt.

 

(21.) Die Kürzung für die Ziffer 9000 GOZ (164,07 Euro) war nicht berechtigt. In der Sitzung vom 28.11.2013 wurde ein Implantat im Oberkiefer (24) und eins im Unterkiefer (36) inseriert. Daher konnte die Ziffer 9000 GOZ zweimal berechnet werden.

 

Zusammenfassung:

 

Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 19.12.2013 um 610,33 Euro zu kürzen. In Höhe von 825,35 Euro war die Kürzung unberechtigt.

 

Rechnung  vom 24.02.2014:

 

(1.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) war berechtigt. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung. Der Patient konnte wegen offenkundiger Gelenkveränderungen infolge einseitiger Gelenkkompression links seine richtige Bisslage nicht mehr einnehmen.

 

(2.) Die Ziffer 5170 GOZ durfte für den 04.02.2014 dreimal in Rechnung gestellt werden. Die Beklagte war demnach nicht dazu berechtigt, die Ziffer 5170 GOZ (35,15 Euro) einmal zu kürzen. Die von dem behandelnden Zahnarzt durchgeführten Leistungen sprechen für ein deutlich gehobenes Qualitäts- und Präzisionsniveau.

 

(3.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Ziffer 0723 des Fremdlaborbelegs (26,89 Euro = 25,13 Euro zzgl. MwSt.) des Labors H.H. war nicht berechtigt. Die hier erfolgte Farbbestimmung durch den Zahntechniker auf Anforderung des Zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige Leistung dar. Die Vielfalt an Nuancen der Form, Struktur und Farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren Zähnen, wie im vorliegenden Fall, ein möglichst unauffälliges Einordnen des Ersatzzahnes durch zahntechnische Leistungen.

 

(4.) Der Ansatz der Ziffer 4005 analog GOZ (10,35 Euro) war zulässig. Die Analogberechnung ist in angemessener Höhe für eine zweifelsfrei selbständige, nicht mehr in der GOZ enthaltene Leistung (Periotestmessung) erfolgt, die hier als indiziert angesehen werden kann, da die Einheilung der Implantate mit Problemen verbunden war.

 

(5.) Der Ansatz der Nummern 2309 und 2310 in dem Eigenlaborbeleg vom 19.02.2014 (63,63 Euro = 17,52 Euro + 41,94 Euro zzgl. MwSt.) war nicht zulässig. Es gibt intraoral keinen Anlass für die Berechnung einer zahntechnischen Leistung. Der Zahntechniker hat dort keine Wirkungsbefugnis. Bei der Innenraumversiegelung eines Implantats erfolgt keine zahntechnische Leistung, sondern eine zahnärztliche.

 

(6.) Der Ansatz der Ziffer 2130 GOZ (13,45 Euro) für den Zahn 43 war zulässig. Die Leistungen nach den Ziffern 2200, 2210, 2220 GOZ haben mit der Rekonstruktionsleistung nach Ziffer 2130 GOZ am Zahn 43 nichts zu tun, so dass die Ziffern nebeneinander stehen können. Die Behandlungsunterlagen sprechen für eine medizinisch notwendige Leistung, die mit der Ziffer 2130 GOZ abgerechnet werden durfte.

 

(7.) Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung für die Nr. 0706 des Eigenlaborbelegs für den 04.02.2014 (Fotodokumentation) in Höhe von 14,12 Euro war berechtigt. Es ist nicht erkennbar, wozu die Fotos für die Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker dienlich sein könnten.

 

Zusammenfassung

 

Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 24.02.2014 um 77,75 Euro zu kürzen. In Höhe von 132,46 Euro war die Kürzung unberechtigt.

 

Rechnung  vom 24.06.2014:

 

(1.) Die von der Beklagten vorgenommene einmalige Kürzung für die Ziffer 8080 GOZ (32,34 Euro) war berechtigt. Der Sachverständige konnte den Behandlungsunterlagen nicht entnommen werden, welche konkreten diagnostischen Maßnahmen tatsächlich erfolgt sind. Er konnte somit nicht feststellen, wie oft die Ziffer 8080 GOZ am 26.05.2014 berechnet werden durfte.

 

(2.) Der Ansatz der Ziffer 2681 analog GOÄ (46,62 Euro) war zulässig. Die Berechnung der Ziffer erfolgte als falladäquate, plausibel indizierte, tatsächlich erfolgte und zutreffend berechnungsfähige Leistung.

 

(3.) Der Ansatz der Nummer 2908 in dem Fremdlaborbeleg H.H. (199,16 Euro = 186,13 Euro zzgl. MwSt.) war zulässig. Das individuelle Charakterisieren umfasst u.a. die Bestimmung von Oberflächenform, -textur und –struktur, von Irregularitäten und Oberflächenveränderungen. Diese Leistung kommt zu der korrekten Farbbestimmung hinzu und ist für das möglichst unauffällige Einordnen der Ersatzzähne als zahntechnische Leistung medizinisch notwendig.

 

(4.) Der Ansatz der Nummer 0723 in dem Fremdlaborbeleg H.H. (26,89 Euro = 25,13 Euro zzgl. MwSt.) war zulässig. Die hier erfolgte Farbbestimmung durch den Zahntechniker auf Anforderung des Zahnarztes stellt eine medizinisch notwendige Leistung dar. Die Vielfalt an Nuancen der Form, Struktur und Farben erfordert insbesondere bei gut sichtbaren Zähnen, wie im vorliegenden Fall, ein möglichst unauffälliges Einordnen des Ersatzzahnes durch zahntechnische Leistungen.

 

Zusammenfassung

 

Im Ergebnis war die Beklagte demnach berechtigt, die Rechnung vom 24.06.2014 um 32,34 Euro zu kürzen. In Höhe von 272,67 Euro war die Kürzung unberechtigt.

II.

 

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 473,62 Euro nebst Zinsen. Diese wären nur unter den Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB) erstattungsfähig. Das Gericht ist nicht überzeugt davon, dass sich die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen vorgerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers in Verzug befand. Dieser wurde erst durch die Schreiben der Prozessbevollmächtigten begründet. Der Kläger hat, trotz mehrerer richterlicher Hinweise nicht substantiiert vorgetragen worden, dass und in welcher Form der Kläger die Beklagte selbst gemahnt und ihr eine Frist zur Zahlung gesetzt hat. Die Mahnung war vorliegend auch nicht entbehrlich. Die Beklagte hat bis zum Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten die Leistung nicht ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

III.

Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.709,51 Euro seit Rechtshängigkeit, d.h. ab dem 15.07.2014, ergibt sich aus §§ 291 S. 1 und 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 S. 1 und 2, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert:

Zunächst:                                          3.153,32 Euro

Ab dem 23.09.2014:              3.698,19 Euro

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

 

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

 

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

 

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

 


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