Trepanation ist neben Geb.-Nr. 2360 GOZ berechnungsfähig. Kariesdetektor und Ozon sind Analogleistungen

Gericht: Amtsgericht Dortmund | Aktenzeichen: 405 C 3277/14 | Dokumententyp: Urteil | Rechtskraft: rechtskräftig
Paragraphen: § 6 - Gebühren für andere Leistungen
Gebührennummern: 2360, 2390, 2420

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Die Geb.-Nr. 2390 GOZ ist nicht Leistungsbestandteil der Geb.-Nr. 2360 GOZ und daher neben dieser berechnungsfähig; der Einsatz eines Kariesdetektors und der Einsatz von Ozon zur Desinfektion sind gem. § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnungsfähig.


Tenor

1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 383,91 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten zu 70 Prozent und dem Kläger zu 30 Prozent auferlegt.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Der Kläger ist Zahnarzt, der Beklagte ist Patient des Klägers.

In der Zeit vom 24.01.2013 bis zum 13.04.2013 befand sich der Beklagte in zahnärztlicher Behandlung bei dem Kläger. Bei dem Beklagten sollten Wurzelkanalbehandlungen sowie eine paradontal-chirurgische Therapie vorgenommen werden. Der Beklagte wurde im Folgenden vereinbarungsgemäß am 24.01.2013, 31.01.2013, 07.02.2013, 21.02.2013, 07.03.2013, 11.04.2013 sowie 13.04.2013 durch den Kläger behandelt. Der Kläger trat seine Forderung aus der streitgegenständlichen zahnärztlichen Behandlung zunächst an die FAG ab. Diese erstellte unter dem 11.06.2013 eine Rechnung über den Betrag in Höhe von EUR 2.083,97 unter der Rechnungs-Nr.: 5299803 und übersandte diese auch an den Beklagten. Auf diese Rechnung leistete der Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR 500,00 an die FAG.

Im Folgenden erstellte der Kläger unter dem 17.12.2013 eine Rechnung mit der
Rechnungs-Nr.: 3489 in Höhe eines Restbetrags von EUR 1.583,97 und forderte den Beklagten auf, diese spätestens bis zum 07.01.2014 auszugleichen. Auf diese Auffor-derung erfolgten keinerlei Zahlungen seitens des Beklagten.

Der Kläger behauptet, die FAG habe ihm die Forderung aus dem Behandlungszeitraum vom 24.01.2013 bis 13.04.2013 unter dem 09.12.2013 rückabgetreten. Er ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf Ausgleich seiner Rechnung vom 17.12.2013.

Ursprünglich hat der Kläger mit der am 13.05.2014 zugestellten Klage beantragt:

1.
Der Beklagte wird verurteilt, an ihn EUR 1.583,97 nebst Zinsen in Höhevon fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2014 zuzahlen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an ihn EUR 255,85 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zuzahlen.

Durch Schriftsatz vom 30.09.2014 hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch zu 1. teilweise in Höhe von EUR 34,89 sowie in Höhe von EUR 911,77 für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Teilerledigungserklärung bezüglich der oben aufgeführten Beträge im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 zugestimmt.

Der Kläger beantragt hinsichtlich des Klageantrages zu 1. nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn EUR 1.583,97 nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2014 abzüglich am 29.09.2014 verrechneter EUR 34,89 und am 19.08.2014 gezahlter EUR 911,77 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass eine Forderung des Klägers nicht bestehe. Die Rechnung der FAG über EUR 2.083,97 vom 11.06.2013 als auch die Rechnung des Klägers persönlich vom 17.12.2013 seien unrichtig. Sie enthielten nicht abrechnungsfähige und damit nicht zu bezahlende Rechnungspositionen.


Die Position 2390 GOZ sei nicht abrechnungsfähig, weil sie einen Bestandteil der Nr. 2360 15 GOZ darstelle. Des Weiteren sei auch die Abrechnungsposition Nr. 2420 der GOZ nicht abrechnungsfähig. Denn eine solche sei nur bei einer elektrophysikalisch-chemischen Desinfektion und nicht bei der hier vorliegend vorgenommenen chemisch-physikalischen Desinfektion abrechenbar. Des Weiteren sei auch der Kariesdetektor nicht gesondert abrechnungsfähig.

Der Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, dass jedenfalls die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 255,85 nicht erstattungsfähig seien, er habe sich nicht in Verzug befunden. Die Rechnung vom 17.12.2013 sei ihm bis zum Eingang der Klageschrift unbekannt gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen vom 21. April 2015 Bezug ge-nommen.

Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von EUR 383,91 gemäß § 611 Abs. 1 2. Alternative BGB i. V. m. der Rechnung vom 17.12.2013

Der Kläger ist hinsichtlich des gesamten ursprünglich geltend gemachten Rechnungsbetrages von EUR 1.583,97 aktivlegitimiert. Zwar hat der Kläger die Forderungen gegen den Beklagten aus der Behandlung in dem Zeitraum vom 24.01.2013 bis 13.04.2013 zunächst an die FAG abgetreten, welche die Forderung auch mit Rechnung vom 11.06.2013 gegenüber dem Beklagten geltend machte. Allerdings hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass die FAG ihm den nicht ausgeglichenen Forderungsbetrag in Höhe von EUR 1.582,97 rückabgetreten hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben der FAG an den Kläger vom 24.06.2014, jedenfalls jedoch aus der ausdrücklichen Abtretungsvereinbarung vom 11. Juli 2014. Dieser Erklärung vom 11. Juli 2014 steht auch nicht entgegen, dass die FAG als Abtretende in dem Schrei-ben selbst darlegt, dass der Kläger die Abtretung angenommen habe. Insoweit liegt nur eine Wissenserklärung über eine bereits erfolgte Willenserklärung des Klägers vor.

Der Wirksamkeit der ursprünglichen Abtretung als auch der streitgegenständlichen Rückabtretung steht darüber hinaus nicht entgegen, dass beide Abtretungen gegenüber dem Beklagten nicht angezeigt worden sind. Bei einem Abtretungsvertrag handelt es sich insoweit um einen formfreien Vertrag zwischen dem Zessionar und der Zedentin, welche keine Anzeigepflichten gegenüber Dritten nach sich zieht. Eine solche Nichtanzeige begründet für den Schuldner allenfalls die Schuldnerschutzvorschriften gem. den §§ der 404 ff. BGB.

Nachdem die Parteien die ursprünglich geltend gemachte Forderung von EUR 1.583,97 in 24 Höhe von EUR 34,89 sowie EUR 911,77 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, steht dem Kläger von der weiterhin rechtshängigen Forderung aus der Rechnung vom 17.12.2013 in Höhe von EUR 637,31 nur einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von EUR 383,91 gegen den Beklagten zu.

Denn mit der streitgegenständlichen Rechnung hat der Kläger auch Positionen abgerechnet, welche nach der GOZ nicht erstattungsfähig und abrechenbar sind. Dies gilt als solches für die angesetzte Position Nr. 2420 „zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal". Diese Position wurde je Kanal mit EUR 9,05 berechnet. Nach dem Sachverständigengutachten vom 21.04.2015 ist eine solche Position 28 Mal nicht abrechenbar.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten aus, dass der Einsatz von Ozon zur Desinfektion sich nicht nach der GOZ-Nr. 2420 abrechnen lässt. Ein solcher Einsatz von Ozon kann jedoch analog gem. § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen sein. Wenn man der analogen Anwendung des § 6 GOZ, wie vorliegend anzunehmen, den Maßstab der Gebührenposition Nr. 2420 GOZ zugrundelegt, dann ist der Einsatz von Ozon nur im Zusammenhang mit anderen endodontischen Leistungen abrechenbar. In der streitgegenständlichen Rechnung vom 17.12.2013 ist der Einsatz von Ozon jedoch 28 Mal ohne gleichzeitige endodontische Behandlung angesetzt worden. Diese Positionen sind nicht abrechenbar. Aus den vorgenannten Gründen war die noch geltend gemachte Forderung des Klägers um 28 Mal EUR 9,05, mithin EUR 253,40, für die einzeln angesetzten Abrechnungspositionen der GOZ-Nr. 2420 zu reduzieren. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 8. Juni 2015 feststellt, dass nach dem Sachverständigengutachten die streitgegenständliche Rechnung nur solche tatsächlich erbrachten und abrechnungsfähigen Leistungen des Klägers enthalte, ergibt sich dieses gerade nicht aus den Feststellungen des Sachverständigen. Wie bereits dargelegt, hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar erläutert, dass der Einsatz von Ozon grundsätzlich nicht über die GOZ-Nr. 2420 abzurechnen sei, jedoch eine analoge Abrechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ möglich sei, wobei auch in diesem Fall zur Abrechnungsfähigkeit die Vornahme einer gleichzeitigen endodontischen Behandlung vorliegen müsse.

Eine solche ist nach den Feststellungen des Sachverständigen in 28 Fällen jedoch nicht vorgenommen worden, so dass auch bei einer analogen Abrechnung der Ozonbehandlung diese nicht erstattungsfähig sind.

Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden und detaillierten Ausführungen des
Sachverständigen.

Die weiteren Einwendungen des Beklagten gegen die streitgegenständliche Rechnung greifen nicht durch. Insbesondere ist die Abrechnungsposition Nr. 2390 GOZ als solche einzeln abrechnungsfähig, da sie nach den ausführlichen Erörterungen des Sachverständigen in seinem Gutachten nicht Bestandteil der Nr. 2360 GOZ ist. Gleiches gilt für die gesonderte Berechnungsfähigkeit des Kariesdetektors. Dieser ist nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar nicht in den Leistungslegenden der GOZ und der GOÄ beschrieben, jedoch als medizinisch notwendige Leistung nach § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnungsfähig. Aus den vorgenannten Gründen lässt die streitgegenständliche Rechnung vom 17.12.2013 nebst den fehlerhaft angesetzten Positionen der Ozondesinfektion nach der Abrechnungs-Nr. 2420 GOZ keine weiteren Abrechnungsfehler erkennen und ist somit in Höhe des übrigen Betrages von EUR 383,91 erstattungs- und berechnungsfähig.

Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Zahlung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 255,85 gem. § 280 Abs. 1 Abs. 2, 286 Abs. 1 Abs. 3 BGB. Grundsätzlich sind die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden nach den vorstehend genannten Normen erstattungsfähig. Im vorliegenden Fall befand sich der Beklagte bei Einschaltung der Prozessbevollmächtigten des Klägers jedoch noch nicht in Verzug. Nach eigenem Vortrag hat der Kläger dem Beklagten durch Rechnung vom 17.12.2013 eine Zahlungsfrist zur Begleichung der Forderung in Höhe von EUR 1.583,97 bis spätestens zum 07.01.2014 gesetzt. Das Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Schriftsatz vom 06.01.2014 liegt zeitlich vor Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist. Zu diesem Zeitpunkt war mithin noch kein Verzug des Beklagten gegeben. Dem Kläger ist auch nicht die Übersendung der Rechnung vom 11.06.2013 durch die FAG zuzurechnen. Zwar handelt es sich inhaltlich um denselben Rechnungsgegenstand über dem Behandlungszeitraum Januar bis April 2013, allerdings stellen die FAG und der Kläger unterschiedliche Forderungsinhaber dar. Darüber hinaus hat der Kläger durch seine Rechnung vom 17.12.2013 die streitgegenständliche Forderung jedenfalls nochmals konkretisiert und in Rechnung gestellt. Soweit der Kläger vor Eintritt des Zahlungsverzuges mit Ablauf des 07.01.2014 seine Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, geht dies allein zu seinen Lasten. Einen Verzugsschaden stellt die außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühr jedenfalls nicht dar. Es sind darüber hinaus keine weiteren rechtlichen Anhaltspunkte gegeben, aus denen sich die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 255,85 ergeben könnte.

Der Anspruch auf Erstattung von Zinsen ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Ein Zinsanspruch im Hinblick auf die weiter geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht mangels Hauptanspruch nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten den Parteien insoweit jeweils anteilig aufzuerlegen. Die anteilige Kostenlast für den erledigten Teil in Höhe von EUR 911,77 obliegt insoweit dem Beklagten, da dieser den vorgenannten Betrag nach der Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits durch Zahlung ausgeglichen und damit die streitgegenständliche Forderung erfüllt hat.Hinsichtlich des weiteren erledigten Teils in Höhe von EUR 34,89 obliegt die anteilige Kostenlast dem Kläger, da dieser den vorgenannten Betrag nach Rechtshängigkeit von der streitgegenständlichen Forderung in Abzug gebracht hat nachdem vorgerichtlich erbrachte Zahlungen des Beklagten nicht in voller Höhe sondern vielmehr nur anteilig ohne den hier erledigten Betrag von EUR 34,89 zu Gunsten des Beklagten in die Rechnung vom 17.12.2013 eingestellt worden sind.

Hinsichtlich des nicht erledigten Teils der Klageforderung ist bei der Kostenentscheidung  die geltend gemachte Nebenforderung unter Bildung eines fiktiven Streitwerts zu berücksichtigen (vgl. Anders/Gehle, Das Assesorexamen im Zivilrecht, 10. Aufl., 2010, Teil A. VI. Rn. 192).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 34 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf EUR 1.583,97 bis zum 16.10.2014 und auf EUR 637,31 ab dem 17.10.2014 festgesetzt.


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