Wurzelkanalbehandlung bei GKV-Patienten

Gericht: LSG Berlin-Brandenburg | Aktenzeichen: L 1 KR 5/ 17 | Dokumententyp: Urteil | Rechtskraft: 
Urteil zur Abrechnung ohne GOZ-Bezug

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Kein Anspruch des Patienten gegen seine gesetzliche Krankenkasse bei privat vereinbarter Wurzelkanalbehandlung.

 

Urteilstext


Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Im Streit steht der Sache nach die Übernahme von Kosten für zahnärztliche Wurzelkanalbehandlungen.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin bat mit E-Mail vom 21. August 2011 die Beklagte um Mitteilung, ob ein Zuschuss für Zahnwurzelrevisionen möglich sei. Ihr Zahnarzt habe zwar gesagt, die Kosten würden von der gesetzlichen Kasse nicht übernommen. Jedoch verursache auch die Regelversorgung Kosten. Sie fügte einen Behandlungsplan des Zahnarztes Dr. V vom 15. Februar 2011 über eine Behandlung der Zähne 16, 26 und 36 bei.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. August 2011 eine Kostenübernahme ab. Der Umfang der zahnärztlichen Versorgung werde in den Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über den Umfang der vertragszahnärztlichen Versorgung, der Richtlinien des GBA für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragsärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie vom 24. September 2003, zuletzt geändert am 1. März 2006) geregelt. Wurzelbehandlungen im Backenzahnbereich würden danach nur noch übernommen, wenn deren Erfolg von Seiten des Arztes garantiert werden könne. Voraussetzungen sei, wenn mit dem Erhalt des Zahnes eine geschlossene Zahnreihe erhalten bliebe oder vermieden werde, dass ein einzelner Zahn freistehe oder wenn mit dem Zahnerhalt ein funktionstüchtiger Zahnersatz erhalten bliebe. Weitere Voraussetzung sei aber, dass im Interesse einer Qualitätssicherung die Wurzelkanäle bis zur Spitze gefüllt werden könnten. Auch wenn ein Zahn grundsätzlich erhaltungswürdig sei, jedoch aufgrund der Lage der Wurzelkanäle eine Füllung bis in die Spitzen nicht möglich sei, könne die Behandlung nicht über die Kasse abgerechnet werden. Falle die Diagnose des Arztes so aus, dass er den Zahn als nicht erhaltungswürdig einstufe oder er für den Erfolg nicht garantiere, müsse der Patient die Wurzelbehandlung selbst bezahlen. Wenn eine erfolgsversprechende, von der Krankenkasse zu zahlende Behandlung nicht gelinge, der Zahn beispielsweise breche, trage in jedem Fall der Zahnarzt die Verantwortung und die Kosten. Wenn ein solches Risiko bestehe, werde ein Zahnarzt in der Regel die Behandlung von vornherein privat in Rechnung stellen, damit er die Kosten im Falle eines Misserfolges nicht selbst tragen müsse. Angesichts dessen könne nur ein Zahnarzt und nicht die Krankenkasse darüber entscheiden, ob eine Wurzelbehandlung auf Kassenkosten möglich sei oder nicht. Wenn der Zahnarzt die Behandlung privat in Rechnung stelle, könne die Beklagte die Kosten nicht übernehmen.

Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Die zu behandelnden Zähne seien von zwei Zahnärzten und einem Kieferchirurgen als erhaltungswürdig eingestuft worden. Die bisherige Wurzelbehandlung sei nicht bis in die Spitzen ausgeführt worden. Dies solle durch die neue Behandlung korrigiert werden. Eine Kostenzusage unter dem Vorbehalt des erfolgreichen Abschlusses der Behandlung sei für die Kasse ohne Risiko. Die vorangegangenen Wurzelbehandlungen lägen zwischen 10 und 25 Jahren zurück und seien seinerseits nicht von einem Spezialisten durchgeführt worden.

Aufgrund anhaltender Beschwerden im Bereich des Zahnes 16 stimmte die Klägerin am 23. August 2011 einer Behandlung auf Grundlage des Heil- und Kostenplanes zunächst für einen Zahn zu und bestätigte mit der Unterschrift, über die Kosten aufgeklärt worden zu sein und diese zu übernehmen. Der sie behandelnde Zahnarzt hatte sie zudem darüber aufgeklärt, dass die im Heil- und Kostenplan aufgeführten Leistungen über das Maß der ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung hinausgehen und deshalb nur eine private Behandlung möglich sei.

Sie ließ am 24. August 2011 die Wurzelkanalbehandlung durchführen und beglich die ihr hierfür von Dr. Vin Rechnung gestellten 1.350,92 €.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 2013 zurück (Zustellung: 4. April 2013).

Hiergegen hat die Klägerin am 3. Mai 2013 Klage beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Zahnärzte eingeholt. Die Zahnärztin H gab im Befundbericht vom 2. August 2013 auf die Frage „ist eine Füllung der Wurzelkanäle (…) bis in die Spitzen erfolgt bzw. aller Wahrscheinlichkeit nach möglich?“: „Weiterbehandlung der Zähne 16, 26, 36 sollte durch einen Endodontiespezialisten erfolgen um dies zu gewährleisten“.

Dr. V gab im Befundbericht vom 5. August 2013 an, dass eine Wurzelkanalbehandlung hier nicht den Richtlinien der gesetzlichen Krankenkassen entsprechend einzustufen sei, weil die Prognose mit herkömmlichen Therapiemitteln und Zeitaufwand infaust sei und weil es sich um einen ungünstigen Wurzelbefund handele, der eine Aufbereitbarkeit und Möglichkeit der Füllung bis an die Wurzelspitze nicht zugelassen habe. Als Alternative stünde nach den Richtlinien lediglich die Extraktion zur Wahl.

Zur Klagebegründung hat die Klägerin ausgeführt, ihr stehe ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu, da die Beklagte ihre Einstandspflicht aus §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 28 Abs. 2 SGB V nicht unter Bezugnahme auf die Behandlungsrichtlinie ablehnen könne. Mit Erhaltung der Zähne 16, 26 und 36 bleibe eine geschlossene Zahnreihe im Sinne B III.9 der Richtlinie erhalten. Auch sei die Aufbereitbarkeit der Füllung der Wurzelkanäle bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze bei allen drei Zähnen gegeben.

Die Richtlinien stellten nur auf die Möglichkeit ab, Wurzelkanalfüllungen bis zur Wurzelspitze einbringen zu können. Auf den Aufwand komme es nicht an.

Die Beklagte hat vorgebracht, der Behandler Dr. V habe die Zähne als nicht erhaltungswürdig eingeschätzt. Seine Gebührenpositionen im Kostenvoranschlag enthielten zum größten Teil Ziffern, die nicht im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) enthalten seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2016 hat das SG die Klage abgewiesen:

 

Die Klägerin begehre, unter Aufhebung des Bescheides vom 22. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2013 die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.350,92 Euro nebst Zinsen zu zahlen sowie die Kosten für eine Wurzelkanalbehandlung der Zähne 26 und 36 im notwendigen und angemessenen Umfang zu übernehmen.

Die so verstandene Klage sei insgesamt zulässig, jedoch nicht begründet. Der Klägerin stehe weder eine Kostenerstattung noch ein Kostenübernahmeanspruch zu. Es könne hinsichtlich aller drei Zähne nicht davon ausgegangen werden, dass die Wurzelkanäle bis zur Spitze gefüllt werden könnten. Dies folge insbesondere aus den Angaben des Dr. V.

Gegen diesen ihr am 2. Dezember 2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 2. Januar 2017.

Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Auch Dr. V habe erklärt, dass die Wurzelkanalfüllungen bis zur Wurzelspitze eingebracht werden könnten und eine Erfolgsprognose von bis zu 80 % bestünde. Er sei dem Grunde nach von einer Aufbereitungswürdigkeit und der Möglichkeit des Erhalts der Zähne ausgegangen.

Im Herbst 2016 hat die Klägerin eine Wurzelkanalrevisionsbehandlung des Zahnes 26 durchführen lassen. Sie hat dazu die Rechnung der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. B u.a. vom 27. Februar 2017 eingereicht.

Sie hat die Berufung und Klage zurückgenommen, soweit begehrt worden ist, die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin entstehenden Kosten für eine zahnärztliche Wurzelkanalbehandlung des Zahnes 26 im notwendigen und angemessenen Umfang zu übernehmen.

Sie beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Cottbus vom 23. November 2016 den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.350,92 Euro nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 2. Dezember 2011 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin entstehenden Kosten für eine zahnärztliche Wurzelkanalbehandlung betreffend den Zahn 36 in notwendigen und angemessenen Umfang zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt ergänzend aus, in ihrem Bescheid vom 22. August 2011 die Voraussetzungen für eine Wurzelbehandlung detailliert dargelegt zu haben.

Ein Zahn, der nach der Richtlinie nicht erhaltungswürdig sei, solle entfernt werden. Der Kostenvoranschlag von Dr. V vom 15. Februar 2011 zeige, dass die komplette Leistung von vornherein als Privatleistung erbracht werden sollte bzw. werden müsste. Dort seien vielfach Behandlungspositionen aufgeführt (Gebührenziffern 504, 230, 214, 242, 222 A und a 503), die nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen gehörten. Im Detail sei insbesondere der Position 222 A zu entnehmen, dass die „Überwindung einer Obliteration bzw. Intrakanalstufe“ mittels speziellen Werkzeugs erforderlich gewesen sei. Es sei nämlich um eine Revision gehandelt, weil die Klägerin an allen drei Zähnen schon einmal eine Wurzelbehandlung habe vornehmen lassen.

Nach ihren Unterlagen sei die Behandlung des Zahnes 26 am 24. Oktober 2016 auch als Kassenleistung erfolgt. Aus ihrer Sicht liege ein vollendeter Abrechnungsbetrug des Zahnarztes zu ihren Lasten vor. Der Zahnarzt habe nicht mit einer Abrechnung von an sich unproblematisch abrechenbaren Leistungen vorspiegeln dürfen, dass eine „einfache“, d.h. richtlinienkonforme Behandlung möglich gewesen sei.

Außerdem ergebe sich auch hier, dass mit Mitteln der vertragszahnärztlichen Versorgung eine Behandlung nicht möglich gewesen sei.

Auf die angeführten ärztlichen Berichte wird ergänzend verwiesen.


Entscheidungsgründe

 

Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die von ihr verauslagten Kosten der Wurzelkanalbehandlung des Zahnes 16 durch Dr. V.

Rechtsgrundlage für die Erstattung der bereits entstandenen Behandlungskosten ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung reicht nicht weiter als der jeweilige Anspruch auf Sachleistungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 4/16 R, Rdnr. 7 mit Bezugnahme u. a. auf BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190).

Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen wird bzw. verlaufen ist. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Nach § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung, die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten, § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können nicht beansprucht werden, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen, § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Zu dem Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V gehört nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V auch die zahnärztliche Behandlung.

Diese umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst, die ausreichend und zweckmäßig sind, § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Einen wesentlichen Beitrag zur Bestimmung von Inhalt und Umfang der zahnärztlichen Behandlung, insbes. für die Verwaltungspraxis, leistet die Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie; vgl. KassKomm/Nolte SGB V § 28 Rdnr. 13a).

Der Versicherte hat zusammengefasst gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse nur den Sachleistungsanspruch auf Durchführung der Wurzelkanalbehandlung durch den Vertragszahnarzt, welche dieser nach Maßgabe der Behandlungsrichtlinie durchführt.

Nach A Nr. 4 S. 4 Behandlungsrichtlinie haben diagnostische Maßnahmen und Therapie dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu entsprechen.

Der GBA hat in der Behandlungsrichtlinie eine positive Empfehlung über den therapeutischen Nutzen der Wurzelkanalbehandlung nur mit Einschränkungen erteilt.

Für Backenzähne (Molare) gilt nach B III Nr. 9 Behandlungsrichtlinie, dass diese grundsätzlich nicht endodontisch behandelt werden, es sei denn, einer der dort genannten Fälle läge vor. Eine Wurzelkanalbehandlung von Backenzähnen ist (nur) angezeigt, wenn damit eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann, eine einseitige Freiendsituation vermieden wird bzw. der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz möglich wird.

Zusätzlich müssen die Wurzelkanäle bis in die Spitzen gefüllt werden können (B III Nr. 9.1a Behandlungsrichtlinie).

Die letztgenannte Voraussetzung hat der Behandler Dr. Vin seinem Befundbericht vom 5. August 2013 hinsichtlich aller drei Zähne „mit herkömmlichen Therapien und Zeitaufwand“ verneint. Seine Therapie entspricht – nach seiner Einschätzung- nicht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Dementsprechend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kostenvoranschlag Leistungen umfasst, die im BEMA-Z nicht abgebildet sind.

Ein (Sach-) Leistungsanspruch besteht jedoch nur, soweit die Methode auch Gegenstand des BEMA-Z ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 3/13 R – Rdnr. 19 für neue vertragszahnärztliche Behandlungsleistung).

Die Beklagte hat zudem mit Bescheid vom 22. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2013 nicht generell die Sachleistung einer Wurzelkanalbehandlung der drei Zähne abgelehnt, sondern eine Kostenübernahme der im Kostenvoranschlag des Dr. V vorgesehenen Behandlung, die ausdrücklich auf privatärztlicher Grundlage erfolgen sollte. Es stand insbesondere hinsichtlich der Behandlung des Zahnes 16 nicht im Raum, ob eine Behandlung auf vertragszahnärztlicher Grundlage durch einen anderen Zahnarzt möglich wäre.

Es bestand und besteht von vornherein keine Möglichkeit, eine Teilkostenerstattung zu gewähren, anders als bei der Regelung für die Kosten für Zahnfüllungen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 bis 5 SGB V).

Bei Zahnfüllungen besteht ein Wahlrecht zwischen dem Sachleistungsanspruch auf das Standard-Inlay und einer (Teil-)Kostenerstattung. Wählt ein Versicherter aus ästhetischen oder anderen Gründen eine über den Standard hinausgehende Füllung, d. h. aufwändigere oder teure Versorgung z. B. mit Inlays aus Keramik oder Gold, so würde dies nach der Regel des § 12 Abs. 1 S. 2 SGB V an sich dazu führen, dass überhaupt kein Leistungsanspruch bestünde und der Versicherte die gesamte Behandlung selbst bezahlen müsste. Nur in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen wie nach § 28 Abs. 2 S. 2 SGB V haben die Kassen bei Wahl einer teuren Versorgung die vergleichbare preisgünstigere Füllung als Sachleistung abzurechnen (Steege in: Hauck/Noftz, SGB 12/17, § 28 SGB V Rdnr. 52f).

Die von Dr. V vorgenommene Wurzelkanalbehandlung war keine Zahnfüllungsbehandlung im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 SGB V. Dazu zählen nämlich neben der Füllung als solcher nur die mit der Art der Versorgung unerlässlichen Begleitleistungen wie z. B. Anästhesie und Röntgen (Kraftberger in LPK-SGB, 5. A. 2016, § 28 Rdnr. 27 mit Bezugnahme auf v. Maydall, GK-SGB V § 28 Rdnr. 48).

Die Behandlung der Klägerin bestand schon rein begrifflich aus einer der Wurzelkanäle, die insbesondere vollständig freigelegt wurden. Die anschließende Verfüllung war nur ein untergeordneter Teilaspekt.

Das Begehren der Klägerin ging danach von vornherein ins Leere. Die missverständlich formulierten Äußerung der Beklagten, der Vertragszahnarzt müsse eine Erfolgsgarantie abgeben, war für die kostenverursachende Entscheidung der Klägerin, den privatzahnärztlichen Behandlungsvertrag mit Dr. V abzuschließen, nicht kausal.

Die Klage ist hinsichtlich des Zahnes 36 als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Eine vorrangige Leistungsklage scheidet aus, weil diese als Zahlungsklage auf einen bestimmten Betrag gerichtet sein müsste.

Die Klage ist aber unbegründet.

Wie ausgeführt, hat die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Durchführung der Wurzelkanalbehandlung als Sachleistung eines Vertragszahnarztes. Dass dies generell nicht möglich sein könnte, trägt die Klägerin selbst nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Die Prüfung der Voraussetzungen der Behandlungsrichtlinie obliegt wie dargestellt dem Vertragszahnarzt und nicht der Krankenkasse.

Ein Anspruch auf Leistung in Form einer Kostenübernahme bzw. einen Kostenzuschuss scheidet somit aus.

Nur vorsorglich ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich ist, dass ein Vertragszahnarzt die Wurzelkanalbehandlung des betreffenden Zahnes durchführen müsste. Auf die obigen Ausführungen kann verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache. Dies gilt auch, soweit sich der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt hat. Auch insoweit hatte die Berufung keine Erfolgschance.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

 

 


Ausdruck Urteil - PDF

Zahnärztekammern der Länder
Positionen und Statements