Klartext 06/23
Themen
Special Olympics World Games: sportlich und politisch – (gesundheits-)politische Lösungen für uneingeschränkte Partizipation nötig | Faktencheck i-MVZ | Verbindliches Zähneputzen in Kita und Schule | Aktualisiert: Kommentar der Musterberufsordnung | Nebenwirkungsmeldungen: Übersicht unerwünschter Arzneimittelwirkungen online | Neu: Informationen über Zahnärztliche Arzneimittel (IZA) 1/2023 u.a. mit Metamizol | Studie zur Niederlassung von Zahnärztinnen und Zahnärzten: IDZ ruft zur Teilnahme auf | Initiative proDente | Ausschreibung: Forschungspreis für Seltene Erkrankungen | Europäische Zahnärzteschaft fordert Korrekturen beim Europäischen Gesundheitsdatenraum | Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen – Gesundheitsrat nimmt Empfehlungen an | EU-Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz – Abschluss der Ersten Lesung im EP
Special Olympics World Games: sportlich und politisch – (gesundheits-)politische Lösungen für uneingeschränkte Partizipation nötig
Am Wochenende endeten die Special Olympics World Games in Berlin, die erstmals in Deutschland stattfanden. Über 7.000 Menschen mit geistiger Behinderung aus über 190 Nationen traten in 26 Sportarten an. Darin eingebettet war das Gesundheitsprogramm Healthy Athletes®. Denn gesundheitliche Einschränkungen sind bei Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen häufiger, gleichzeitig ist oft der Zugang zur Gesundheitsversorgung erschwert. Mehr als 5.000 Athletinnen und Athleten wurden insgesamt untersucht, 12.500 Screenings wurden gemacht. Der Part für die Mundgesundheit wird Special Smiles genannt, Ehrenamtliche aus der Zahnmedizin halfen vor Ort.
Das Gesundheitsprogramm wurde von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, MdB, eröffnet. Der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, wies bei der Eröffnung darauf hin, dass Menschen mit Behinderung zur Hochrisikogruppe für Zahnkaries, Zahnfleischerkrankungen und Zahnschmerzen gehören. Ihre Mundgesundheit müsse verbessert werden, dazu seien auch bessere politische Rahmenbedingen nötig. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung müsse barriereärmer werden. Die Special Olympics World Games seien ein wichtiger Schritt für die Inklusion hierzulande, so Benz. Der Zugang vulnerabler Bevölkerungsgruppen zur zahnärztlichen Versorgung bleibe ein Anliegen der BZÄK.
Konkreter politischer Handlungsbedarf besteht bei der zahnärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf. Für eine uneingeschränkte Partizipation bittet die Bundeszahnärztekammer die Gesundheitspolitik, sich für die erforderlichen Lösungen einzusetzen.
Faktencheck i-MVZ
These der Investoren:
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Renditestreben der Kapitalgeber für das Versorgungsergebnis in Bezug auf „Überbehandlung“ relevant sei.
Fakt:
Falsch.
Viele Abrechnungszahlen zeigen, dass i-MVZ in den finanziell bedeutsamsten Leistungsbereichen (konservierend-chirurgische Leistungen und Zahnersatz) im Vergleich zu Einzelpraxen deutlich höhere Pro-Kopf-Umsätze generieren.
Beratungsintensive Leistungen wie die Versorgung vulnerabler Gruppen werden dagegen vernachlässigt. Aufsuchende Versorgung von pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderung erbringen i-MVZ nachweislich seltener als herkömmliche Praxen.
Verbindliches Zähneputzen in Kita und Schule
Fest etabliertes Zähneputzen in Kitas und Grundschulen ist ein wesentlicher Beitrag zur Mundgesundheit und vor allem gesundheitlichen Chancengleichheit bei Kindern. Zahn- und Mundgesundheit ist zudem Voraussetzung für störungsfreies Sprechen und Spracherwerb und prägt Bildungsbiografien. Daher unterstützt die Bundeszahnärztekammer ausdrücklich die aktuellen Bestrebungen, das verbindliche Zähneputzen in die Bildungspläne aller Bundesländer zu integrieren.
Aktualisiert: Kommentar der Musterberufsordnung
Der juristische Kommentar der Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO) der Bundeszahnärztekammer liegt überarbeitet vor. Die Kommentierung soll die Auslegungen breit verankern. Unter Zahnärzteschaft, Kammern, Gerichten, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwaltskanzleien ist der Kommentar ein anerkanntes Werkzeug der Rechtsanwendung.
Nebenwirkungsmeldungen: Übersicht unerwünschter Arzneimittelwirkungen online
Praktizierende Zahnärztinnen und Zahnärzte sind verpflichtet, bekannte und nicht bekannte Nebenwirkungen aller eingesetzten Arzneimittel an die Arzneimittelkommission Zahnärzte zu melden. Die Meldungen werden von der Arzneimittelkommission aufbereitet sowie ausgewertet und stehen nun gesammelt unter
zur Einsicht.
Neu: Informationen über Zahnärztliche Arzneimittel (IZA) 1/2023 u.a. mit Metamizol
In der aktuellen IZA-Version wurden unter anderem die Informationen über Metamizol überarbeitet. Unspezifische Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Krankheitsgefühl, Halsschmerzen, Schleimhautläsionen können nach Gabe von Metamizol auf eine potentiell lebensbedrohliche Agranulozytose hindeuten. In diesem Fall ist unverzüglich eine internistische Abklärung (Differentialblutbild) zu veranlassen und die Therapie abzubrechen. Patientinnen und Patienten sollten bei Verordnung, auch nach früherer Verträglichkeit, über Anzeichen und Symptome schwerwiegender Nebenwirkungen sowie über die Notwendigkeit, sofortige ärztliche Hilfe zu suchen, aufgeklärt werden. Zur kostenfreien
Studie zur Niederlassung von Zahnärztinnen und Zahnärzten: IDZ ruft zur Teilnahme auf
Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) startet die Untersuchung „Berufsbild angehender und junger Zahnärztinnen und Zahnärzte (Y-Dent): Niedergelassene“ zu den Beweggründen ihrer Niederlassung. Alle 2021 und 2022 Niedergelassenen werden gebeten, teilzunehmen. Fragebögen werden ab Mitte Juli 2023 versendet. Die Ergebnisse sollen zur Entwicklung gezielter Maßnahmen beitragen, um Herausforderungen während der Niederlassung zu reduzieren.
Initiative proDente
proDente veröffentlichte aktuell zwei Pressemappen:
Zahnersatz: Was ist ein Härtefall?
Rauchstopp positiv für Umwelt und Gesundheit!
Ausschreibung: Forschungspreis für Seltene Erkrankungen
Rund 5 Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Seltenen Erkrankung. Zu lange Diagnosewege und unzureichende Informationen, Medikamente, Therapien belasten Betroffene und ihre Familien. Daher schreibt die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung den „Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen“ aus, dotiert mit 50.000 Euro. Bewerbungsfrist: 17. September 2023.
Die BZÄK ist Mitglied im Nationalen Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) und unterstützt die Aufklärung.
Europäische Zahnärzteschaft fordert Korrekturen beim Europäischen Gesundheitsdatenraum
Ende Mai fand in Stockholm die Frühjahrsvollversammlung des Council of European Dentists (CED) statt. Die Delegierten aus über 30 nationalen Zahnarztverbänden nahmen zwei Positionspapiere an. Vor dem Hintergrund der Beratungen im Europäischen Parlament über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) warnten sie vor seiner verfrühten Umsetzung und wiesen auf den erheblichen finanziellen und administrativen Druck hin, den dieser auf Praxen auslösen wird. Der europäische Gesetzgeber wurde aufgerufen, Korrekturen vorzunehmen, um die Praxen zu entlasten.
Zudem wurde eine Stellungnahme zu zahnärztlichen Arbeitskräften verabschiedet. Der Text enthält Empfehlungen, um dem sich in vielen EU-Mitgliedstaaten bereits abzeichnenden Fachkräftemangel effektiv entgegenzutreten.
Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen – Gesundheitsrat nimmt Empfehlungen an
Die Gesundheitsministerinnen und -minister der EU-Mitgliedstaaten haben am 13. Juni eine Empfehlung angenommen, um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz in den Bereichen Gesundheit von Mensch und Tier sowie Umwelt im Rahmen eines „One Health“-Ansatzes zu verstärken. Die Empfehlung fördert den umsichtigen Einsatz von antimikrobiellen Mitteln in der Human- und Tiergesundheit, um Resistenzen verhindern. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören Zielvorgaben für die Verringerung des Einsatzes bis 2030, die Stärkung nationaler Aktionspläne zur Überwachung des Verbrauchs sowie die Sensibilisierung von Gesundheitsberufen und Öffentlichkeit.
EU-Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz – Abschluss der Ersten Lesung im EP
Das Europäische Parlament hat am 14. Juni über eine Verordnung zur „Festlegung harmonisierter Vorschriften über Künstliche Intelligenz“, den sog. Artificial Intelligence Act beraten. Damit soll ein KI-Rechtsrahmen in der EU geschaffen werden, der die Weiterentwicklung von KI-Anwendungen fördern, jedoch Sicherheit und Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen soll. Die Abgeordneten votierten für strengere KI-Vorgaben, als ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagen. Vollständig verboten werden soll z.B. die biometrische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die Parlamentsposition sieht zudem bestimmte Pflichten für Anbieter und Nutzer von KI-Systemen vor. Die Vorschriften richten sich nach dem Grad der potentiellen Gefahr (risikobasierter Ansatz). Systeme, die die menschliche Gesundheit gefährden, sollen verboten werden. Gleiches gilt, wenn sie für „Social Scoring“, die Klassifizierung von Personen auf Grundlage ihres Sozialverhaltens oder ihrer Persönlichkeitsmerkmale, eingesetzt werden. Generative KI-Systeme wie ChatGPT müssen bestimmte Transparenzanforderungen erfüllen, es muss offengelegt werden, wie die Inhalte von der KI generiert wurden. Zusätzlich müssen die KI-Unternehmen dafür sorgen, dass keine rechtswidrigen Inhalte erzeugt werden.
In Kürze werden die Trilogverhandlungen mit den im Rat versammelten EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission beginnen. Beobachter rechnen mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch in diesem Jahr.