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Wir brauchen Sicherheit! Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer fordert Unterstützung des ambulanten Bereichs | Grußwort des bayerischen Staatsministers und der FDI-Präsidentin | Ehrungen der Bundeszahnärztekammer | Berichte der Präsidenten | Beschlüsse der BZÄK-Bundesversammlung und Resolution | Statistisches Jahrbuch 2021/2022 veröffentlicht


Wir brauchen Sicherheit!
Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer fordert Unterstützung des ambulanten Bereichs

Die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) fand am 4. und 5. November in München statt. Im Grußwort des bayerischen Staatsministers für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, dankte dieser der Zahnärzteschaft für ihren steten Einsatz, auch in der Pandemie. Er verwies zudem auf die aktuellen Krisen, u.a. die Energiekrise und Inflation, die auch die Kosten der Zahnarztpraxen trieben.

Erstmals sprach die Präsidentin des Weltzahnärzteverbandes FDI, Prof. Dr. lhsane Ben Yahya (Marokko), zu den Delegierten.

Der Vorsteher der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, (HDZ), Dr. Klaus Sürmann, dankte für die Spendenbereitschaft zur Unterstützung der Ukrainehilfe sowie bei der letzten Flutkatastrophe und verwies auf die vielen HDZ Hilfsprojekte.

In ihren politischen Berichten stellten BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz sowie die beiden Vizepräsidenten Konstantin von Laffert und Dr. Romy Ermler heraus, dass der ambulante Bereich Sicherheit brauche. Branchenübergreifender Fachkräftemangel, Pandemie, Energiekrise und hohe Teuerungsraten belasteten die Praxen. Dazu kämen die veraltete Gebührenordnung und die Wiedereinführung eines Budgets, was insbesondere die neu etablierte Langzeitbehandlung der Parodontitis unmöglich mache.

In ihrem politischen Leitantrag forderten die Delegierten die Bundesregierung dazu auf, die Rahmenbedingungen für die zahnärztlichen Praxen zu verbessern. Dazu müssen die Gebühren der privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen den Kostensteigerungen dauerhaft angepasst werden. Budgetierungen jedweder Art werden abgelehnt. Die selbstständige zahnärztliche Praxis muss gestärkt werden.

Weitere Beschlüsse wurden z.B. zur Anpassung des GOZ-Punktwertes, zur Kieferorthopädie in Zahnarzthand, zu Fachkräftemangel und Nachwuchsförderung, gegen die Vergewerblichung der Zahnheilkunde, zur Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung von Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf, für die Beendigung der Budgetierung der Parodontitisbehandlung sowie für eine Telematikinfrastruktur zum Nutzen der Anwender verabschiedet.


Grußwort des bayerischen Staatsministers und der FDI-Präsidentin

Der bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, richtete ein digitales Grußwort an die Delegierten. Er dankte den Praxen für deren großartigen Einsatz gerade auch in der Pandemie. Die Herausforderungen in der Gesundheitspolitik blieben groß, so Holetschek. Auch die Zahnarztpraxen blieben von den steigenden Kosten nicht verschont. Zudem sei die medizinische Versorgung der Patienten in Gefahr, da es immer mehr investorengetragene medizinische Versorgungszentren gebe. Investoren erhielten oft über den Erwerb von Krankenhäusern Zugriff auf die ambulante Versorgung. Statt Gewinnmaximierung von Investoren bräuchten die Menschen viel mehr kleinere Praxen. Diese seien unerlässlich für eine nachhaltige und flächendeckende Versorgung in unserem Land. Hier sei mehr Regulierung und mehr Transparenz erforderlich.

Die Länder werden ihrerseits Handlungsoptionen prüfen, konkrete Regelungsvorschläge erarbeiten und dabei das Bundesgesundheitsministerium einbinden. Noch gehöre die Bundesrepublik im Bereich der Zahnmedizin zu den Spitzenländern weltweit – man wolle gemeinsam daran arbeiten, dass es so bleibe.

Prof. Dr. lhsane Ben Yahya, Marokko, Präsidentin des Weltverbands der Zahnärzteschaft (World Dental Federation, FDI) sprach in ihrem Grußwort davon, dass alle Länder individuelle Herausforderungen und Erfahrungen hätten, aber gemeinsam könnten Wissen und Best Practices geteilt und positive Veränderungen vorangetrieben werden, um allen eine optimale Mundgesundheit zu bieten. Die FDI sei stolz auf Deutschland als Mitgliedsland und sie begrüße die Bemühungen der BZÄK zur Förderung der Mundgesundheit und einer fortschrittlichen Zahnmedizin.


Ehrungen der Bundeszahnärztekammer

BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz ehrte Prof. Dr. Dietmar Oesterreich für seine jahrzehntelangen Verdienste um den zahnärztlichen Berufsstand mit der höchsten Auszeichnung der deutschen Zahnärzteschaft, dem Fritz-Linnert-Ehrenzeichen. Flottenarzt Dr. Helfried Bieber wurde mit der Ehrennadel der deutschen Zahnärzteschaft in Gold ausgezeichnet.


Berichte der Präsidenten

BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz sprach in seinem politischen Bericht über Krise als Chance. Die Zahnmedizin wäre am Pandemiebeginn quasi das „5. Rad am Gesundheitswagen“ gewesen, hätte sich jedoch auf ihre Hygieneexpertise besonnen und Vorbildliches geleistet. Nun stünden Gesellschaft wie auch Zahnärzteschaft vor neuen Herausforderungen, wie etwa hohe Teuerungsrasten und die Energiekrise, die sich in den Praxen niederschlagen würden. Es sei sinnvoll, den stationären Sektor vor Überforderungen zu schützen, der ambulante Bereich sei jedoch vollständig vergessen worden, obwohl er einen zentralen Stellenwert bei der Versorgung der Bevölkerung habe. Investorenketten und Gesundheitskioske hätten bei der Politik anscheinend einen höheren Stellenwert als die berechtigten Sorgen und Nöte der Niedergelassenen. Dabei beruhe der Erfolg des deutschen Gesundheitswesens auch nach Ansicht der Bundesregierung ganz erheblich auf dem dichten Netz kleiner Praxen überall im Lande.

Weiterhin sprach Benz über den Wortbruch durch das GKV-FinStG: Durch die jetzt verabschiedete Fassung seien die Langzeitbehandlung der Parodontitis und damit das Patientenwohl in Gefahr. Weitere Schlagworte waren u.a. der Personalmangel und die adäquate Bezahlung des medizinischen Personals.

BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert forderte endlich einen zügigen Bürokratieabbau. Es gäbe kein Sonder-Entlastungspaket für Praxen wie für die Kliniken, aber es dürften nicht auch noch Sonder-Belastungspakete entstehen oder bleiben. Die BZÄK habe viele realistische Vorschläge, die mehr Zeit für die Versorgung bedeuteten. Es fehle jedoch der Wille der Exekutive. Problematisch für alle Praxen sei vor allem die sog. EU-Medizinprodukteverordnung (MDR): durch zu wenige benannte Stellen komme die geforderte Rezertifizierung der Produkte nicht voran, das beträfe auch viele Dentalprodukte. Somit drohten Versorgungsengpässe, wenn Geräte in den Praxen nicht mehr benutzt werden dürften. Von Laffert sprach zudem über den europäischen Gesundheitsdatenraum EHDS, die Bemühungen um Nachhaltigkeit in der Praxis, den Fachkräftemangel, die Gefahren von iMVZ – er warnte vor den Gefahren drohender Überbehandlungen – sowie die Risiken von Alignershops mit Fernbehandlungen und Fehl- durch Selbstbehandlung.

Dr. Romy Ermler MBA, BZÄK-Vizepräsidentin, wies darauf hin, dass die Zahnmedizin ein energiebehafteter Beruf sei. Die Verschleppung der GOZ sei nicht mehr zu rechtfertigen. Die Honorierung der Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner sei bewusst dem freien Markt entzogen worden. Aber dann müsse der Staat auch dafür sorgen, dass sie zeitgemäß sei und perspektivisch bleibe. Dieser Verantwortung entziehe sich der Staat jedoch erfolgreich – seit 1988 und seit 12 Gesundheitsministerinnen und -ministern.

Das GKV-FinStG habe zudem die Leistungen der systematischen Behandlung von Parodontitis gedeckelt. Der Gesundheitsminister habe damit den Pfad einer verlässlichen und zukunftsgerichteten Präventionspolitik verlassen. Mit Blick auf den beruflichen Nachwuchs müsse die Politik weiterhin aufgefordert werden, notwendige Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, damit es eine echte Stadt-Land-Gerechtigkeit geben könne. Wichtig wäre zudem die digitale Neugestaltung im Sinne von Verbesserung von Prozessen, eine funktionsfähige Telematikinfrastruktur etc.


Beschlüsse der BZÄK-Bundesversammlung und Resolution

Die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer fasste Beschlüsse zu gesundheits- und sozialpolitischen Themen. Alle an die Politik gerichteten Beschlüsse der Bundesversammlung werden unter: www.bzaek.de eingestellt.


Statistisches Jahrbuch 2021/2022 veröffentlicht

Im Statistischen Jahrbuch der BZÄK werden aktuell verfügbare Daten zu unterschiedlichen Aspekten der zahnärztlichen Berufsausübung sowie zur Mundgesundheit der Bevölkerung zusammengetragen. Die nun erschienene Ausgabe 2021/22 widmet sich schwerpunktmäßig der wirtschaftlichen Situation der Zahnarztpraxen und ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung in Krisenzeiten.

Das Statistische Jahrbuch kann für 10 Euro zzgl. MwSt. und Versand bezogen werden: www.bzaek.de/wir-ueber-uns/daten-und-zahlen.html


Zahnärztekammern der Länder
Positionen und Statements