Ungefragte Empfehlung eines Hörgeräteakustikers

Gericht: Landgericht Landau | Aktenzeichen: HK O 44/14 | Dokumententyp: Urteil
Themengebiete: Allgemeine Grundsätze

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

1. Eine Verweisung an einen Hörgeräteakustiker durch einen Arzt ist schon dann unzulässig, wenn der Arzt den Patienten von sich aus fragt, ob er einen geeigneten Hörakustiker kennt und nicht alle in Betracht kommenden Anbieter kennt. 2. Eine Verweisung ist auch dann unzulässig, wenn der Arzt einen Hörakustiker als besonders empfehlenswert darstellt, obwohl er im Vergleich zu anderen gleichwertig ist.

Urteilstext


Tenor

1.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, geschäftlich handelnd im geschäftlichen Verkehr Patientinnen oder Patienten zur Versorgung mit Hörsystemen an bestimmte Hörgeräteakustikbetriebe dadurch zu verweisen, dass er solche von sich aus namentlich und/oder sonst durch nähere Angaben bestimmbar benennt, ohne dass hierfür ein hinreichender Grund besteht und ohne dass die Patientin oder der Patient zuvor um eine Empfehlung gebeten haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Unterlassungsanspruch nach den Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Der Beklagte ist Facharzt für Hals-, Nasen, - und Ohrenkrankheiten und betreibt eine freiberufliche Praxis in der Innenstadt von … Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. In … gibt es drei Firmen, die Hörgeräte anbieten, nämlich die … Der Kläger behauptet nun, der Beklagte habe Patienten in rechtswidriger Weise die Fa … empfohlen. Hierbei stützt er sich auf die Berichte dreier Zeugen, die Patienten des Beklagten gewesen sind. Alle drei Patienten haben im Rahmen des Patientengespräches mit dem Beklagten eine Erklärung unterschrieben, die mit "Empfangsbestätigung" überschrieben war und in die in einem vorgefertigten formularmäßigen Text handschriftlich Name und Geburtsdatum des jeweiligen Patienten sowie das Datum der Unterschrift eingetragen waren und in der sich u. a. die folgende Textpassage findet:

"... ich bestätige ausdrücklich, dass er <der Arzt> mir gegenüber keine Empfehlung für einen bestimmten Hörgeräteakustiker oder einen bestimmten Versorgungsweg ausgesprochen hat. Sofern ich eine Empfehlung erhalten habe, geschieht dies auf meinen ausdrücklichen, von mir persönlich geäußerten Wunsch und nicht auf Initiative des Hals-Nasen-Ohrenarztes ..."

Mit Schreiben vom 18.03.2014 hat der Kläger den Beklagten hinsichtlich des behaupteten Verhaltens abgemahnt unter Beifügung einer vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung mit der Aufforderung, diese unterschrieben zurückzusenden. Die Unterlassungserklärung war folgendermaßen formuliert:

"... <der Beklagte verpflichtet sich>, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Patienten zur Versorgung einer Schwerhörigkeit mit Hörgeräten ungefragt und ohne hinreichenden Grund an bestimmte Hörgeräteakustikbetriebe zu verweisen, insbesondere wenn dies geschieht wie in den Fällen der Patienten … am 09.12.2013, … am 03.02.2014 und der Patientin … am 11.02.2014 jeweils mit einer Empfehlung des Betriebes der Fa. "…" in ..."

Der Beklagte hat diese Erklärung nicht unterschrieben zurückgeschickt.

Der Kläger begehrt nun vom Beklagten Unterlassung des behaupteten Verhaltens und Zahlung einer aus dem Gesamtvolumen der Tätigkeit des Klägers berechneten Aufwandsentschädigung, die der Höhe nach unstreitig ist.

Er trägt vor,

die drei von ihm als Zeugen benannten Patienten des Beklagten seien von diesem, ohne dass sie ihn zuvor um eine entsprechende Empfehlung gefragt hätten, darauf hingewiesen worden, dass sie bei der Fa. … bzw. bei einem Hörgeräteakustiker im Kurparkbereich, womit nur die Fa. … gemeint sein könne, "in sehr guten Händen" bzw. "gut aufgehoben" seien, wobei eine ähnliche Empfehlung für andere Hörgeräteakustiker, auch die in … sonst ansässigen, nicht ausgesprochen worden sei.

Der Kläger beantragt,

1.
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, geschäftlich handelnd,

Patienten ungefragt ohne im Einzelfall hinreichenden Grund zur Versorgung mit Hörsystemen an bestimmte Hörgeräteakustikbetriebe zu verweisen, wenn dies geschieht wie in den Fällen des Herrn … .

hilfsweise

wie erkannt.

2.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 219,35 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er trägt vor,

irgendwelche Empfehlungen für Hörgeräteakustiker habe er ungefragt niemals ausgesprochen. Dies hätten die Patienten, auch die hier von Klägerseite als Zeugen Benannten, durch Unterschrift unter die mit "Empfangsbestätigung" unterschriebene Formular-Erklärung jeweils bestätigt. Die Ortsangabe "im Kurtalbereich" sei auch nicht so eindeutig, dass sie nur auf einen bestimmten Hörgeräteakustiker zuträfe. Im Übrigen seien die Zeugen unglaubwürdig, da sie sog. "Lockvogel-Patienten" im Dienste des Klägers seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … . Der Beklagte ist informatorisch als Partei angehört worden. Die Zustellung der Klage ist am 17.05.2014 erfolgt. Auf die Sitzungsprotokolle mit den protokollierten Aussagen der Zeugen und des Beklagten sowie auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den unter Ziffer 1. gestellten Hilfsantrag auch zulässig und begründet, der Hauptantrag Ziffer 1. ist bereits unzulässig, der Klageantrag Ziffer 2. ist unbegründet.

Der Klageantrag Ziffer 1. war unzulässig, weil er den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrages gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt. Dies ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann der Fall, wenn ein Unterlassungsantrag derart undeutlich gefasst ist, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (vgl. etwa BGH, GRUR 2009, Seite 766). Der Klageantrag zu 1., wie er als Hauptantrag formuliert ist, wiederholt einerseits mit der Formulierung "Patienten ungefragt ohne im Einzelfall hinreichenden Grund ... zu verweisen" lediglich  den Wortlaut von § 34 Abs. 5 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz (BOÄ Rh-Pf), was ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung als grundsätzlich zu unbestimmt und damit unzulässig angesehen wird (vgl. etwa BGH, GRUR 2000, Seite 438; BGH, GRUR 2007, Seite 607, mit ausführlichen weiteren Nachweisen). Auch die vermeintliche Konkretisierung durch den Satzteil: "... wenn dies geschieht wie in den Fällen des ..." ist nicht geeignet, eine ausreichende Bestimmtheit herbeizuführen. Hierdurch erschließt sich nämlich nicht, auf welche Weise die Verweisung ohne hinreichenden Grund geschehen ist. Dies wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn der Antrag - soweit möglich - auf die konkrete Verletzungsform, hier etwa die Verweisung von Patienten mit Verordnungen zur Versorgung von Hörgeräten an die Fa…., insbesondere das Geschäft mit der Fa. … im Kurtalbereich von … Bezug nimmt (so z.B. BGH, GRUR 2011, Seite 345). Gerade dies lässt sich aus der vom Kläger für den Hauptantrag Ziffer 1. gewählten Formulierung nicht ersehen. Die Art und Weise, wie der Beklagte verfahren ist und die er zukünftig unterlassen soll, ergibt sich insoweit nicht aus dem Antrag, sondern lediglich aus den Erläuterungen in der Klageschrift. Dies reicht jedoch zur Konkretisierung des Antrages nicht aus, zumal eine ausreichende Bestimmung des zu unterlassenden Verhaltens dem Kläger, wie gesehen, ohne weiteres möglich gewesen wäre und ihm dies auf Hinweis des Gerichts mit dem Hilfsantrag Ziffer 1. auch gelungen ist.

Gemessen an den aufgeführten Kriterien, die sich an der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung orientieren, war der Hilfsantrag Ziffer 1. zulässig. Zwar handelt es sich bei der am Gesetzeswortlaut des § 34 Abs. 5 BOÄ Rh-Pf orientierten Formulierung "ohne hinreichenden Grund" und "Verweisung" um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen. Durch die vom Kläger mit dem Hilfsantrag vorgenommene Konkretisierung dahingehend, dass die zu unterlassende Verweisung sich auf Fälle beziehen soll, in denen der Beklagte Hörgeräteakustiker von sich aus namentlich und/oder sonst durch nähere Angaben bestimmbar benennt, ohne dass der Patient zuvor um eine Empfehlung gebeten hat, ist die mit dem Begriff der Verweisung gemeinte Handlung ausreichend bestimmbar geworden. Der auslegungsbedürftige Begriff "hinreichende Gründe" ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ohnehin ausreichend konkretisiert, eine weitere Konkretisierung kann danach vom Kläger nicht verlangt werden, ohne ihm die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar zu erschweren (BGH, GRUR 2011, Seite 345; BGH, GRUR 2009, Seite 977).

Der Hilfsantrag Ziffer 1. ist auch begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34 Abs. 5 BOÄ Rh-Pf verlangen. Der Beklagte hat gegen § 34 Abs. 5 BOÄ Rh-Pf, einer Marktverhaltensvorschrift zum Schutz des Wettbewerbs im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, verstoßen, indem er mindestens drei seiner Patienten, nämlich den Zeugen … in besonderer Weise die Fa… in … als Hörgeräteakustiker empfohlen hat. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus dem Wettbewerbsverstoß, der eine tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass ein solcher erneut zu befürchten ist.

Gemäß § 34 Abs. 5 BOÄ Rh-Pf ist es Ärzten nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen. Ein hinreichender Grund, etwa eine medizinische Indikation, oder auch nur eine stark abfallende Qualität der Leistungen der übrigen Hörgeräteanbieter im Verhältnis zu dem vom Beklagten empfohlenen Hörgeräteakustiker ist nicht ersichtlich und auch von dem Beklagten selbst nicht vorgetragen. Der Begriff der "Verweisung" im Sinne des § 34 Abs. 5 BOÄ Rh-Pf ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen weit zu fassen.

Er umfasst insbesondere alle Empfehlungen für bestimmte Leistungserbringer, die ein Arzt seinem Patienten von sich aus erteilt (BGH, GRUR 2011, Seite 345; OLG Hamm, AZR 2008, Seite 75). Dafür reicht es aus, dass der Arzt den Patienten von sich aus fragt, ob er einen geeigneten Leistungserbringer kennt und dann bei Verneinung dieser Frage nicht alle in Betracht kommenden Anbieter benennt, sondern nur einen bestimmten unter ihnen, obwohl der Patient dessen Arzt nicht ausdrücklich zu einer solchen Empfehlung aufgefordert hat (BGH, GRUR 2011, Seite 345). Gleiches hat zu gelten, wenn der Arzt unter diesen Umständen einen bestimmten Anbieter im Vergleich zu anderen, gleichwertigen Anbietern als besonders empfehlenswert darstellt. So liegt der Fall hier. Dies hat die Beweisaufnahme ergeben.

Sowohl der Zeuge … als auch die Zeugen … haben anlässlich ihrer Vernehmung durch das Gericht übereinstimmend geschildert, dass der Beklagte, ohne dass die Zeugen ihn vorher dazu aufgefordert hatten oder ihm in anderer Weise Anlass gegeben hatten, die Patienten anlässlich des ärztlichen Beratungsgespräches, im Zuge dessen auch die Hörgeräteverordnung übergeben wurde, zunächst gefragt hatte, ob diese wüssten, an welchen Hörgeräteakustiker sie sich für den Bezug des verordneten Hörgerätes wenden könnten, und, nachdem die Zeugen dies verneint hatten, ihnen erklärt, dass sie bei einem bestimmten Hörgeräteakustiker, nämlich der Fa …, besonders gut aufgehoben seien, während er, soweit er die übrigen in … ansässigen Hörgeräteakustiker überhaupt benannt hat, diese nicht in der für die Fa. … geltenden Weise hervorgehoben hat. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob der Beklagte, wie im Falle des Zeugen …, den Namen des empfohlenen Hörgeräteakustikers genannt, oder, wie in den Fällen des Zeugen … und der Zeugin …, lediglich auf den "im Kurtalbereich" ansässigen Hörgeräteakustiker als besonders geeignet verwiesen hat. Zur Überzeugung des Gerichts war nämlich mit der Beschreibung "im Kurtalbereich" oder "im Kurparkbereich" für die Zeugen erkennbar nur die Fa. … gemeint. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen, die dies entsprechend verstanden haben, aber auch aus dem zu den Anlagen gereichten Stadtplan der Stadt …, aus dem sich ersehen lässt, dass die beiden anderen Hörgeräteakustiker, die Firmen .., beide im Bereich der zentralen Innenstadt angesiedelt sind, während sich die Fa. … etwas abgesetzt hiervon in der Nähe des Kurparkes offenbar in einer Einkaufspassage befindet. Die Zeugenaussagen waren für das Gericht überzeugend und glaubhaft. Sämtliche Ausführungen waren nachvollziehbar und stringent. Insbesondere der Zeuge … hat sich erkennbar um größtmögliche Objektivität bemüht, insbesondere aus dem von ihm geschilderten inneren Konflikt heraus, dass er dem Beklagten persönlich für dessen erfolgreiche Behandlung zu Dank verpflichtet ist, andererseits aber durch den Konkurrenten der Fa … , den ebenfalls in … ansässigen Hörgeräteakustiker ..., dem er das geschilderte Vorgehen des Beklagten anlässlich des Beratungsgesprächs mitgeteilt hatte, in die Lage gebracht worden war, nunmehr zum Nachteil des Beklagten aussagen zu müssen. Dennoch hat der Zeuge seine Angaben, die zu dem entsprechenden Vortrag mit der Klageschrift geführt haben, vollumfänglich bestätigt, auch wenn sie dem Beklagten für den Zeugen erkennbar zum Nachteil gereichen mussten. Der geschilderte innere Konflikt des Zeugen, der auch in der Art und Weise seines Aussageverhaltens, seiner Mimik und Gestik gut zu erkennen gewesen ist, macht seine Aussage für das Gericht in besonderem Maße glaubhaft. Dem tut auch der Umstand, dass er sich an das von ihm unterschriebene, mit "Empfangsbestätigung" überschriebene Formular nicht mehr erinnern konnte, welches ihm anlässlich seiner Vernehmung vorgehalten worden ist, keinen Abbruch. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass der Zeuge sich nach der seit den von ihm geschilderten Vorgängen vergangenen Zeit von über einem Jahr nicht mehr an alle Einzelheiten hat erinnern können, jedoch die für ihn - auch durch die Nachfragen des Hörgeräteakustikers … - wesentlich gewordenen Punkte ohne weiteres im Gedächtnis behalten hat. Dazu passt, dass er auf Vorhalt der unterzeichneten Erklärung umgehend und ohne weiteres bestätigt hat, dass die darauf befindliche Unterschrift von ihm selbst stamme, er sich an den Text des Formulars jedoch nicht erinnern könne. Vor diesem Hintergrund werden die entsprechenden Ausführungen des Zeugen … diesbezüglich ebenfalls gestützt. Für das Gericht ist es offensichtlich, dass die beiden Zeugen - sowie nach dem Dafürhalten des Gerichts ein Großteil der Patienten des Beklagten - dem Inhalt der von ihnen unterschriebenen Erklärung keine große Bedeutung beigemessen haben, sie diese möglicherweise noch nicht einmal vollständig zur Kenntnis genommen bzw. nachvollzogen haben. Dies erscheint umso wahrscheinlicher, als das Formular im Kontext eines Beratungsgespräches unterzeichnet worden ist und mit der im Hinblick auf die hier interessierende Erklärung irreführenden Überschrift "Empfangsbestätigung" versehen ist. Unbeschadet dessen hat diese von den Zeugen unterschriebene formularmäßige Erklärung weder eine Bedeutung in rechtlicher Hinsicht, noch ist sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen zu erschüttern. Was Ersteres angeht, ist die Erklärung bereits deshalb wirkungslos, weil sie in sich widersprüchlich ist. Mit ihr soll nämlich einerseits bestätigt werden, dass der Beklagte dem Patienten gegenüber keine Empfehlung für einen bestimmten Hörgeräteakustiker ausgesprochen hat. Im nächsten Satz wird diese Aussage jedoch konterkariert durch die Aussage, dass doch eine Empfehlung ausgesprochen worden ist, allerdings auf den ausdrücklichen Wunsch des Patienten hin. Diese beiden Aussagen schließen sich jedoch gegenseitig aus. Entweder hat der Patient eine Empfehlung erhalten, oder er hat sie nicht erhalten. Beides kann er nicht bestätigen. Die Unsicherheiten bei der Auslegung eines vorformulierten, in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Textes gehen jedoch zu Lasten des Verwenders, hier des Beklagten. Dass diese schriftliche Erklärung auch keine Bedeutung für die Glaubhaftigkeit der jeweiligen Zeugenaussagen hat, ergibt sich bereits daraus, dass der Zeuge … sich nicht einmal an die Unterschrift unter die Erklärung, geschweige denn an deren Inhalt hat erinnern können, der Zeuge … den Inhalt der Erklärung offensichtlich nicht verstanden hatte und die Zeugin … nachvollziehbar und aufgrund der mit einer gewissen Emotionalität getätigten Aussage auch besonders glaubhaft dargelegt hat, die Erklärung zwar zur Kenntnis genommen zu haben, sich auch über das Ansinnen des Beklagten, sie diese Erklärung unterschreiben zu lassen, geärgert zu haben, der Erklärung ansonsten aber keine größere Bedeutung beigemessen zu haben, sondern sie als notwendigen Schritt auf dem Weg zum Erhalt der Verordnung eines Hörgerätes angesehen zu haben. Nach alledem kann die Erklärung unter keinen Umständen die Wirkung haben, dass aus ihr abzuleiten wäre, die Schilderungen des Verhaltens des Beklagten, die sich mit den Behauptungen der Klageschrift decken, seien falsch. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Beklagten anlässlich seiner persönlichen Anhörung durch das Gericht. Zwar hat der Beklagte erklärt, er habe die Formulierungen "im Kurparkbereich" oder "Kurpark" noch nie verwendet. Ansonsten hat er sich jedoch in seinem Aussageverhalten eher formal auf die schriftlichen Erklärungen der Zeugen zurückgezogen und im Übrigen zugestanden, dass er sich an den genauen Ablauf des Beratungsgesprächs, insbesondere mit dem Zeugen… , nicht erinnere. Zwar ist es insoweit glaubhaft, dass der Beklagte sich an einzelne Beratungsgespräche bei einer Vielzahl von Patienten nicht im einzelnen erinnern kann und im Übrigen auch legitim, wenn er sich angesichts dessen auf regelmäßige Verfahrensabläufe bezieht, dies reicht zur Überzeugung des Gerichts jedoch nicht aus, die Aussagen der drei Zeugen, die im Wesentlichen übereinstimmend die implizite Empfehlung durch die besondere Hervorhebung ("in besonders guten Händen" bzw. "gut aufgehoben") eines bestimmten Hörgeräteakustikers, wenn auch nur im Fall des Zeugen … namentlich, bei den beiden anderen Zeugen durch unmissverständliche Angabe eines Ortes, die nur auf den einen empfohlenen Hörgeräteakustiker zutraf, bestätigt haben, zu entkräften. Vielmehr sieht das Gericht angesichts der Angaben der Zeugen den Vortrag des Klägers und damit das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes als bewiesen und gegeben an. Insbesondere kann auch der Umstand, dass die Zeugin … anlässlich ihrer Vernehmung erklärt hat, sie habe geäußert, nicht mehr nach Landau zu einem Hörgeräteakustiker gehen zu wollen, nicht als konkludente, einen Wettbewerbsverstoß ausschließende Aufforderung verstanden werden, einen bestimmten ortsansässigen Hörgeräteakustiker besonders zu empfehlen, sondern allenfalls dazu, ihr sämtliche ortsansässigen Hörgeräteakustiker gleichermaßen und ohne Werturteil zu benennen.

Auch die weiteren schriftsätzlichen Angriffe des Beklagten auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen können nicht durchgreifen. Insbesondere haben die Zeugen sich auch nicht, trotz sehr intensiver Befragung auf Betreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, nicht in Widersprüche verstrickt oder verunsichern lassen. Der Umstand, dass der Klägervortrag durch die Zeugen mit fast identischer Wortwahl bestätigt worden ist, lässt sich nach dem Dafürhalten des Gerichts zwanglos damit erklären, dass die Schilderungen der Zeugen, protokolliert durch den Hörgeräteakustiker … direkt in den schriftsätzlichen Klägervortrag eingeflossen sind, da der Kläger sich auf diese Schilderungen mangels eigenen Erlebens stützen musste. Dass die Zeugen sich angesichts der Gesamtumstände gerade an diese, auch aufgrund der jeweiligen Gespräche mit dem Hörgeräteakustiker … als entscheidend erkannten Passagen besser als an die übrigen, aus ihrer Sicht nebensächlicheren Vorkommnisse im Rahmen der Gesamtgeschehnisse erinnert haben, hält das Gericht ebenfalls für naturgemäß und nachvollziehbar. Schließlich spricht es auch eher für als gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen, dass diese ohne zu zögern ihre Verbindung zu dem Hörgeräteakustiker … offen gelegt haben, nämlich dass sie in einem Nachbarschafts- oder Dorfgemeinschaftsverhältnis zu diesem stehen. Dies kann jedoch nicht den Schluss nahelegen, die Zeugen würden aus diesem Grunde eine bewusste Falschaussage tätigen, selbst wenn das Verhältnis zu dem Hörgeräteakustiker … im Einzelfall möglicherweise, wie etwa bei der Zeugin … als fast unmittelbarer Nachbarin, etwas enger sein mag, als anlässlich der Befragung zugegeben. Dass die Zeugen als "Lockvögel" für den Hörgeräteakustiker … tätig geworden wären, folgt hieraus erst recht nicht, selbst wenn man als zutreffend unterstellen wollte, dass sie bei Gelegenheit ihrer Vernehmung kein Hörgerät getragen haben, obwohl hierfür nach den ärztlichen Feststellungen des Beklagten offenbar eine medizinische Indikation bestünde.


Nach alledem war dem Klageantrag Ziffer 1 im Hilfsantrag stattzugeben.

Was den Klageantrag Ziffer 2. angeht, war dieser aus den gleichen Gründen unbegründet, wie der Hauptantrag Ziffer 1. unzulässig gewesen ist. Zwar ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, dass für den Fall, dass ein zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches Berechtigter den Schuldner abmahnt und die Abmahnung berechtigt ist, er Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Im vorliegenden Fall war der Kläger zwar zur Abmahnung berechtigt, er hatte aber die strafbewehrte Unterlassungserklärung mit einem Inhalt und einer Formulierung versehen, die dem Klageantrag zu 1. im Hauptantrag entsprach. Da diese Formulierung so unbestimmt gewesen ist, dass sie als Klageantrag nach dem oben Dargelegten unzulässig war, bestand für den Beklagten auch keine Verpflichtung, diese Erklärung zu unterzeichnen bzw. ihr nachzukommen. Aus den gleichen Gründen besteht auch kein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 670 BGB. Die Aufforderung zur Unterzeichnung einer zu unbestimmten und damit nicht durchsetzbaren und vollstreckungsfähigen Unterlassungserklärung entsprach nicht dem objektiven Interesse des Beklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Eine Kostenquotelung  mit einer  anteiligen Kostentragungspflicht des Klägers im Hinblick auf den abgewiesenen Hauptantrag Ziffer 1. scheidet aus, da eine Streitwerterhöhung gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG durch den Hilfsantrag hier nicht in Frage kommt. Es handelt sich in beiden Fällen um denselben Streitgegenstand, so dass der Hilfsantrag nicht streitwerterhöhend berücksichtigt wird und daher auch keine gesonderten Kosten anfallen (BGH, NJW-RR 2003, Seite 713; vgl. auch Binz in: Binz, Dorndörfer, Petzold, Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, § 45 GKG, Rdn. 20).

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


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