Zahnkaries entsteht durch das Zusammenwirken von kariesauslösenden Mikroorganismen (Plaque), unzureichender Mundhygiene und Fehlernährung (häufige Aufnahme von Zucker). Neben diesen Hauptfaktoren gibt es zahlreiche zusätzliche Einflüsse, die die Kariesentstehung und die Kariesentwicklung begünstigen. Auf der Grundlage dieser Kenntnisse ist es heute möglich, durch unterschiedliche Maßnahmen die Karies entweder zu verhindern oder bereits bestehende, wenig ausgeprägte Kariesläsionen zum Stillstand zu bringen.
Neben der mechanischen Plaqueentfernung (häusliches Zähneputzen oder professionell in der Zahnarztpraxis) ist die Fluoridanwendung die wichtigste kariesprophylaktische Maßnahme. Fluoride werden in unterschiedlicher Darreichungsform entweder vom Patienten zu Hause oder aber in der Zahnarztpraxis verwendet. Man geht heute davon aus, dass der Kariesrückgang bei Kindern und Jugendlichen in erster Linie auf den breiten Einsatz von Fluoriden zurückgeführt werden kann. Dabei hat sich bezüglich des Wirkungsmechanismus die Sichtweise aufgrund zahlreicher Untersuchungen geändert.
Dachte man früher, dass hauptsächlich das vor dem Zahndurchbruch eingebaute Fluorid kariesprophylaktisch wirksam wäre, so ist heute wissenschaftlich belegt, dass vornehmlich die nach dem Zahndurchbruch auf die Zahnoberfläche einwirkenden Fluoride für deren kariesprophylaktischen Effekt verantwortlich sind.
Welche Fluoridierungsmaßnahmen gibt es?
Fluoride entfalten ihre Wirkung lokal an der Zahnoberfläche: Die geschieht über fluoridhaltige Zahnpasten, Mundspüllösungen, Gele oder Lacke, die in die Mundhöhle eingebracht werden. Auch Fluoridtabletten, fluoridiertes Speisesalz und fluoridiertes Trinkwasser wirken in erster Linie lokal in der Mundhöhle. Für die beiden letztgenannten Fluoridquellen kommt diese Wirkung vor allem dadurch zustande, dass mit ihnen Speisen zubereitet werden. In Deutschland wird das Trinkwasser nicht zusätzlich mit Fluorid versetzt.
Über die kariesprophylaktische Wirkung all dieser Maßnahmen liegen hinreichend wissenschaftlich gesicherte Kenntnisse vor.
Was soll bei Fluoridierungsmaßnahmen beachtet werden?
Fluoridierungsmaßnahmen zielen darauf ab, eine möglichst optimale Kariesprävention zu erreichen. Für eine gute kariesprophylaktische Wirkung der Fluoride ist es notwendig diese regelmäßig anzuwenden, beispielsweise durch den täglichen Gebrauch fluoridhaltiger Zahnpasta. Vor allem bei Kleinkindern lässt es sich nicht vermeiden, dass fluoridhaltige Präparate zum Teil verschluckt werden.
Akute Intoxikationen infolge Verschluckens großer Mengen fluoridhaltiger Mundpflegeprodukte kommen sind theoretisch möglich, spielen praktisch aber keine Rolle. Für eine akute Intoxikation müsste ein Erwachsener (70 kg Körpergewicht) einmalig 350 mg Fluorid aufnehmen. Das entspräche dem Inhalt von 2-3 Tuben handelsüblicher Zahnpasta mit 1.500 ppm Fluorid. Ein 15-20 kg schweres Kind (ca. 3-6 Jahre) müsste 75-100 mg Fluorid auf einmal schlucken – diese Menge entspräche einer halben bis dreiviertel Tube 1.500 ppm-Fluoridzahnpasta. Beides sind unrealistische Szenarien.
Chronisch überdosierte Fluoridaufnahmen bei kleinen Kindern können allerdings zu permanenten ästhetischen Veränderungen in den bleibenden Zähnen führen. Bei der sogenannten Dentalfluorose treten diese in Form von weißen oder braunen Schmelzflecken auf den betroffenen Zahnoberflächen auf. Eine Fluoridanwendung sollte also kontrolliert erfolgen (Fluoridanamnese), um den höchsten kariespräventiven Effekt bei gleichzeitig geringstem Fluoroserisiko zu erzielen. Gemeinsam haben (Kinder-)Zahnärzte und Kinderärzte Empfehlungen zur Kariesprävention mit Fluorid im Säuglings- und im frühen Kindesalter erarbeitet.
Wie lauten die aktuellen Fluoridierungsempfehlungen?
- Ab dem Durchbruch des ersten Milchzahns bis zum zweiten Geburtstag sollte zweimal täglich eine Kinderzahnpasta mit 0,10 % (= 1.000 ppm) Fluorid in einer reiskorngroßen Menge verwendet werden. Während bis zum Ende des 12. Lebensmonats noch die Fluoridtablette eingesetzt werden kann, soll spätestens nach dem ersten Geburtstag zur Zahnreinigung eine fluoridierte Zahnpasta angewendet werden.
- Ab dem zweiten Geburtstag sollte zweimal täglich eine Kinderzahnpasta mit 0,10 % (= 1.000 ppm) Fluorid in einer erbsengroßen Menge verwendet werden.
- Nach Durchbruch der ersten bleibenden Zähne (ca. sechstes Lebensjahr) sollte die Zahnreinigung zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Junior- oder Erwachsenenzahnpasta mit 0,15 % Fluorid (= 1.450 ppm) erfolgen.
- Neben der Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta sollte im Haushalt fluoridhaltiges Speisesalz verwendet werden. Fluoridtabletten zur Kariesprophylaxe dürfen dann nicht gleichzeitig zum Einsatz kommen (Fluoridanamnese).
- Auf zahnärztliches Anraten können zu Hause oder direkt in der Zahnarztpraxis zusätzliche Fluoridierungsmaßnahmen erfolgen. So kann zum Beispiel ab dem Schulalter ein Fluoridgel oder eine Fluoridspülung benutzt werden. Je nach Präparat wird dieses täglich (Fluoridspüllösungen) oder wöchentlich (Fluoridgel) verwendet. Es ist darauf zu achten, dass nach Anwendung der entsprechenden Präparate diese gut ausgespuckt werden.
- Durch die Zahnärztin/den Zahnarzt bzw. unter zahnärztlicher Kontrolle kann Fluoridlack auf die Zähne aufgetragen werden. Das Auftragen von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung ist unabhängig vom Kariesrisiko für alle Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
- Bei Kindern ab dem Schulalter mit erhöhtem Kariesrisiko können Gel oder Spüllösung mehrfach wöchentlich zu Hause verwendet werden, oder es können Fluoridlack bzw. Fluoridgel mehrmals jährlich in der zahnärztlichen Praxis oder im Rahmen der Gruppenprophylaxe aufgetragen werden. Zu Details und Dosierung unterschiedlicher Fluoridpräparate fragen Sie bitte Ihre Zahnärztin/Ihren Zahnarzt.
Sind Fluoridierungsmaßnahmen ausreichend, um vollständige Kariesfreiheit zu garantieren?
Die genannten Fluoridierungsmaßnahmen tragen wesentlich dazu bei, vor Karies zu schützen. Bei schlechter Mundhygiene, häufigem Konsum von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln (insbesondere zuckerhaltigen Getränken in Babyflaschen), häufigem Genuss gesüßter Zwischenmahlzeiten, häufiger Verwendung gesüßter Soft-Getränke lässt sich die Karies durch Fluoridierungsmaßnahmen allein nicht vermeiden. Dies gilt auch für Patienten, die aufgrund von Allgemeinerkrankungen besonders kariesgefährdet sind (z.B. Erkrankungen, die Mundtrockenheit fördern) und für Patienten mit festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen. Bei diesen Patienten ist eine besonders sorgfältige Mundhygiene, verbunden mit einer entsprechenden Ernährungsumstellung und möglicherweise weitergehenden kariesprophylaktischen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Anwendung von keimreduzierenden Lacken und Gelen, angezeigt.
Neben den angesprochenen kariespräventiven Maßnahmen ist eine regelmäßige Kontrolluntersuchung in der Zahnarztpraxis erforderlich, damit beginnende Kariesläsionen rechtzeitig behandelt werden können.
Alle Fragen rund um eine optimale Prophylaxe werden von der Zahnärztin/dem Zahnarzt beantwortet.