Weniger Zucker bedeutet weniger Karies


Bundeszahnärztekammer


Die Ernährung ist ein gesundheitspolitisches und gesamtgesellschaftliches Dauerthema.

Die Bekämpfung von ernährungsbedingten Krankheiten in Deutschland, wie Adipositas, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen muss die zahnmedizinisch relevanten Erkrankungen mit einschließen.

So hat die Weltgesundheitsorganisation WHO auf ihrer 76. Weltgesundheitsversammlung (WHA76) Ende Mai 2023 in Genf den „Globalen Aktionsplan für Mundgesundheit (Global Oral Health Action Plan 2023–2030)“ verabschiedet – für die Verbesserung der Mundgesundheit ein wegweisender Meilenstein. Denn nachdem die Mundgesundheit über Jahrzehnte hinweg nur eine geringe gesundheitspolitische Priorität genossen hatte, spiegelt diese Entwicklung ein Umdenken auf höchster Ebene wider, das die Mundgesundheit als einen wesentlichen und untrennbaren Bestandteil der Allgemeingesundheit anerkennt.

Im (zahn-)medizinischen Bereich erfordert der zunehmende Anstieg ernährungsbedingter Erkrankungen, und die daraus folgenden hohen Gesundheitskosten, konkrete Maßnahmen, insbesondere zur Zuckerreduktion. Unbehandelte Karies der bleibenden Zähne ist die weltweit häufigste aller chronischen, nichtübertragbaren Erkrankungen.

Karies ist neben der Parodontitis eine der Hauptursachen für Zahnverlust und ihre Behandlung ist zeitaufwendig und teuer. Zudem gibt es bei der Kariesverteilung in der Bevölkerung in allen Altersgruppen ein starkes soziales Gefälle.

Ein hoher Zuckerkonsum ist auch mit einem erhöhten Risiko für Parodontalerkrankungen assoziiert. Es wird angenommen, dass durch die Nahrung aufgenommener Zucker chronisch entzündliche Erkrankungen wie Parodontitis begünstigt.

In den vergangenen Jahren konnte die Karieslast in der deutschen Bevölkerung zwar in fast allen Altersgruppen gesenkt werden, dennoch ist trotz häuslicher und professioneller Mundhygiene die Krankheitslast an Karies und Parodontalerkrankungen im Erwachsenenalter nach wie vor hoch. Zudem stagniert die Inzidenz der frühkindlichen Karies bei kleinen Kindern, mit einer Prävalenz von bis zu 40 % nach wie vor auf einem hohen Niveau.

Zahnkaries ist überwiegend vermeidbar. Die entscheidende Ursache für das Entstehen von Karies ist, neben der Anwesenheit eines bakteriellen Biofilms, übermäßiger Zuckerkonsum. Zucker versorgt kariogene Bakterien optimal mit Nahrung. Bei der Verstoffwechselung von Zucker entstehen Säuren, die die Zahnhartsubstanz entkalken (demineralisieren). In Folge dieses Säureangriffs kann sich eine Kavität – das klassische Loch – ausbilden.

Für eine erfolgreiche Kariesvorbeugung sind mehrere Faktoren – die sogenannten vier Säulen der Kariesprophylaxe – verantwortlich. Neben der häuslichen Mundhygiene, der Anwendung von Fluoriden (v.a. in Zahnpasten) und regelmäßigen Zahnarztbesuchen ist eine zahngesunde Ernährung für die Mundgesundheit von entscheidender Bedeutung. Vor allem der hochfrequente Verzehr stark zuckerhaltiger Nahrungsmittel und Getränke spielt bei der Entstehung einer Karies eine Schlüsselrolle. Je häufiger Zucker zugeführt wird, desto größer ist das Kariesrisiko.

Daher ist die Reduktion des Zuckergehaltes in Speisen und Getränken ein wichtiger Präventionsansatz und eine Maßnahme, die die Zahnärzteschaft bereits seit vielen Jahren fordert.

Gegenwärtig liegt der Zuckerkonsum in Deutschland mit einem jährlichen Verbrauch von 35 Kilogramm pro Kopf deutlich über den Ernährungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Besonders in verarbeiteten Lebensmitteln ist der Zuckergehalt, trotz freiwilliger Selbstverpflichtungen der Industrie, weiterhin zu hoch.

Um den Konsum zuckerhaltiger Lebensmittel, sowie die steigende Prävalenz (zahn-)medizinischer Folgeerkrankungen gesundheitsförderlich zu steuern, empfiehlt die Bundeszahnärztekammer diese verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen:

  1. Die zahnmedizinische Gruppen- und Individualprophylaxe (§ 21 und § 22 SGB V) sollten stärker als bislang zur Vermittlung einheitlicher Ernährungsbotschaften für Kinder und Jugendliche genutzt werden.
  2. Die etablierten Mundhygienemaßnahmen (v.a. Plaquekontrolle und Fluoridierung) sollten gesichert und um den Aspekt der Ernährungslenkung ergänzt werden; Zahnärzte und Zahnärztinnen können in diesem Prozess eine wichtige Rolle einnehmen.
  3. Einführung einer verständlichen Lebensmittelkennzeichnung, insbesondere im Hinblick auf die Menge zuckerhaltiger Nahrungsbestandteile.
  4. Lebensmittel für (Klein-)Kinder sollten deutlich zuckerreduziert, und mit einer klaren Lebensmittelkennzeichnung (speziell im Hinblick auf Zucker) versehen sein.
  5. Die Werbung für stark zuckerhaltiger Lebensmittel sollte deutlichen Beschränkungen unterliegen.
  6. Die Einführung von Sonderabgaben für stark zucker- und/oder säurehaltige Softdrinks.
  7. Verbindliche Standards für eine ausgewogene, gesunde und zuckerreduzierte Schul- und Kitaverpflegung.
  8. Die Verhältnis- und Verhaltensprävention im Bereich der Ernährung sollte durch eine begleitende Präventionsgesetzgebung unterstützt werden.

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