GKV und PKV

Gesundheitspolitische Positionen zur Bundestagswahl 2021

Duales System statt Einheitskasse

  • Das deutsche Gesundheitssystem hat sich in den Krisen der vergangenen 15 Jahre und der Gegenwart bewährt.
  • Krisenresilienz, ständige Verfügbarkeit und Innovationsfähigkeit sind Qualitätsparameter des dualen Systems und sollten nicht unbegründet in Frage gestellt werden. Daher lehnen wir generelle Bestrebungen zur Abschaffung dieses weltweit einmaligen Krankenversicherungssystems ab.
  • Das duale System sollte wettbewerbs- und patientenorientiert an Herausforderungen wie die Alterung der Gesellschaft angepasst werden. Verbesserungspotenziale müssen diskutiert, die Qualitätssicherung muss gefördert werden.
  • Die privatzahnärztlichen Leistungen sollten weiter als Innovationstreiber genutzt werden.
     

Worum es geht

Die duale Krankenversicherung mit ihren beiden Pfeilern, der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Privaten Krankenversicherung (PKV), ist die tragende Säule des deutsche Gesundheitssystems. Ein auf die Zahnmedizin runtergebrochenes zentrales Ergebnis dieses dualen Systems ist die auch im internationalen Vergleich herausragende zahnmedizinische Prävention und Versorgung. Es ist dieses „Mischsystem“ aus solidarischer Versicherung und Eigenvorsorge, das im Wettbewerb zu diesem Ergebnis führt. Einen Systemwechsel hin zu einem einheitlichen Krankenversicherungsmarkt mit Einheitsvergütung, z. B. durch Einführung einer sog. Bürgerversicherung, deren Ziel es ist, Leistungen der Versicherungen zu vereinheitlichen und zu verstaatlichen, lehnen wir ab.

Auch die Finanzierung der zahnärztlichen Behandlung ruht auf zwei Pfeilern: dem Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (Bema-Z) und der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die Bema-Z gewährleistet die Grundabsicherung und garantiert damit eine wirtschaftliche und ausreichende Behandlung. Es ist ein pauschalierendes System, das Budgetregeln und Mengenbegrenzungen enthält und in der gesetzlichen Krankenversicherung für stabile Beiträge sorgt. Die GOZ bietet dagegen das gesamte Spektrum der zeitgemäßen Zahn-, Mund- und Kiefernheilkunde. Die Einzelleistungen können voll erstattet werden, Budgetgrenzen gibt es nicht. Die aus diesen zahnärztlichen Behandlungen resultierenden zusätzlichen Einnahmen sind für viele Praxen von existenzieller Bedeutung.
 

Das krisenbewährte Gesundheitssystem: Keine Experimente!

Die vergangenen 15 Jahre waren geprägt durch Krisen, von denen auch das Gesundheitssystem indirekt oder direkt betroffen war. Das gilt für die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 ebenso wie für die Flüchtlingskrise 2015 und vor allem die aktuelle Pandemie. Deutlich geworden ist: Unser Gesundheitssystem ist nicht perfekt, aber robust und insgesamt gut gewappnet für Gesundheits- und Wirtschaftskrisen. Diese Krisenfestigkeit sollten all jene bedenken, die mit tiefgreifenden Reformen das Gesundheitssystem verändern wollen. Neujustierungen sind sinnvoll, mit zu weitgehenden Veränderungen gefährden wir ein Gesundheitssystem, das seit Jahrzehnten verlässlich funktioniert.
 

Keine „Bürgerversicherung“

Die „Bürgerversicherung“ ist der Einstieg in ein staatlich dirigiertes Gesundheitssystem. Ein solches Einheitssystem gefährdet die Basis der zahnmedizinischen und medizinischen Erfolge: die Therapiefreiheit und Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger sowie die Freiheit der Diagnose und Therapie bei den Ärztinnen und Ärzten. Der bisherige Wettbewerb zwischen GKV und PKV um die beste Therapie wäre gestoppt, das Leistungsniveau würde zwangsläufig sinken. Zudem steht ein solcher Systemwechsel vor schwierigen verfassungsrechtlichen Fragen.
 

Duales Krankenversicherungssystem stärken

Ein einheitlicher Krankenversicherungsmarkt würde die erwiesene Leistungsfähigkeit des dualen Versicherungssystems gefährden. Er bietet kein generationengerechtes Finanzierungs- und Versorgungssystem und richtet sich gegen Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte. Der Blick über die Grenzen zeigt, dass in Ländern mit Einheitssystemen die medizinische Versorgung oft deutlich schlechter ist. Dort gibt es lange Wartezeiten, hohe Zuzahlungen und häufig ein kleineres Leistungsangebot. Die Alternative kann deswegen nur heißen: Beide Systeme müssen gestärkt und fit gemacht werden für die Zukunft. Der Weg dahin ist eine Novelle des dualen Systems durch eine „Reformierte Dualität“.

Bei einer solchen Reform werden beide Systeme maßvoll und zielorientiert weiterentwickelt, bei Versicherung, Versorgung und Vergütung. Zentrale Bestandteile wie die freie Arzt- und Krankenhauswahl und ein flächendeckendes medizinisches Versorgungsnetz mit kurzen Wartezeiten bleiben dabei bestehen.
 

Private Krankenversicherung als Innovationsmotor festigen

Die Private Krankenversicherung ist der Motor für Innovationen; ihre Stellung in der sozialen Marktwirtschaft sollte gefestigt werden. Die Leistungen sollten sich auch künftig am medizinischen Fortschritt orientieren. Die PKV sollte zudem den Zahnarztpraxen die tatsächlichen Kosten vollumfänglich erstatten. Um den Wettbewerb der Unternehmen zu gewährleisten, sollten die von Versicherten bereits gebildeten Altersrückstellungen (rund 233 Mrd. Euro) zwischen den PKV-Unternehmen übertragbar sein. Damit die Versicherten den jeweiligen Versicherungsschutz vergleichen können, sollte es Mindestkriterien für diesen Schutz geben.

Zahnärztekammern der Länder
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