1689 1690 1690 1691 Stellungnahme | (Zahn-)Medizin, Praxisführung | Narkose Zahnärztliche Behandlung in Allgemeinnarkose


Bundeszahnärztekammer


Die grundsätzliche Form der Schmerzausschaltung bei einer zahnärztlichen Behandlung ist die Lokalanästhesie – „Spritze“.

Ambulante Narkosen in Zahnarztpraxen sind immer die Ultima Ratio und dienen nur dazu, dringende zahnärztliche Behandlungen bei Patientinnen und Patienten zu ermöglichen, bei denen alle anderen Versuche, eine Kooperation herzustellen, fehlgeschlagen sind.

In bestimmten Situationen kann eine Behandlung unter örtlicher Betäubung nicht möglich sein. Dies kann bei Vorerkrankung wie körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung, bei Verhaltensstörungen, hochgradiger Pflegebedürftigkeit und schwerer Form von „Zahnarzt-Angst“ der Fall sein.

Wer ist für was verantwortlich?

Der Zahnarzt oder die Zahnärztin hat anhand bestehender Regeln (siehe unten) zu entscheiden, ob aus zahnmedizinischen Gesichtspunkten eine Vollnarkose indiziert ist.

Die Durchführung der Allgemeinanästhesie obliegt dem hinzugezogenen Anästhesisten. Er hat darüber zu befinden, ob aus allgemeinmedizinischer Sicht Bedenken oder Kontraindikationen gegenüber einer Allgemeinanästhesie bestehen und somit die Narkosefähigkeit der Patientin oder des Patienten zu attestieren.

Zahnärztin wie Anästhesist haben somit die Indikation zur Vollnarkose unter ambulanten Bedingungen strengstens zu prüfen.

Alle personellen, baulichen und apparativen Voraussetzungen für die Behandlung von Notfällen müssen dabei erfüllt werden (siehe unten).

Für eine Narkose ist immer die Anwesenheit eines Anästhesisten zwingend notwendig, der diese durchführt. Der Anästhesist muss zudem feststellen, dass die jeweilige Praxis den Anforderungen für eine Narkose entspricht. Die Durchführung von Narkosen und damit auch die Hinzuziehung von weiteren qualifizierten Personen liegt in der Verantwortung der Anästhesistinnen und Anästhesisten.

Es gibt sehr strikte Handlungsempfehlungen zur Vermeidung von Komplikationen:

Die Beachtung der strengen Indikation zur Vollnarkose seitens des Zahnarztes und des Anästhesisten sind die Voraussetzung für die Vermeidung von medizinisch unerwünschten Ereignissen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob mögliche Komplikationen unter ambulanten Bedingungen beherrschbar sind.

Der Anästhesist trägt die Verantwortung für das eingesetzte Anästhesieverfahren als auch für die Überwachung und Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während des Eingriffes und postoperativ.

Nach einer ambulant durchgeführten Anästhesie besitzt die Überwachung des Patienten oder der Patientin bis zur Stabilisierung der Vitalfunktionen besondere Bedeutung.

Zahlen zu schweren Zwischenfällen

Aus den letzten 10 Jahren sind in Deutschland insgesamt 5 Fälle mit schwerer Schädigung (1) oder gar Tod (4) bekannt. Mit geschätzt etwa 100.000 jährlichen Kindernarkosen in Deutschland ergibt sich eine Risikoquote von 0,0005 %. Trotzdem ist jeder einzelne Fall einer zu viel. Höhere Zahlen aus dem Ausland über Großschadenereignisse sind nicht übertragbar, da es in Deutschland wesentlich strengere Vorgaben gibt.

Über die Jahre wurden bei uns strikte Vorgaben erarbeitet, um eine maximale Sicherheit für die Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Denn es gilt, jedes unerwünschte Ereignis im Praxisalltag zu vermeiden.

Dennoch beinhaltet eine Narkose Risiken – insbesondere auch bei Kindern. Für die Durchführung von ambulanten Narkosen bei dieser vulnerablen Gruppe müssen die Anästhesistinnen und Anästhesisten über eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung verfügen, um Komplikationen zu beherrschen.

Weil Karies seltener wird (Aber: Kariespolarisation, d.h., sehr wenige Kinder haben dafür sehr viele zerstörte Zähne) und es sanftere Methoden gibt (Lachgas), sinkt die Notwendigkeit für Kinderbehandlung in Vollnarkose derzeit immer weiter.

Eine Vollnarkose ist keine Wunschleistung, sondern wird nur dann als letztes Mittel gewählt, wenn die Alternativen ausgeschöpft sind.

Kann man sich auf die Arbeit spezialisierter zahnärztlicher Praxen verlassen?

Zahnärztinnen und Zahnärzte, die Narkosebehandlungen durchführen, verfügen in den jeweiligen Bereichen – Kinder, Pflegebedürftige, Angstpatienten – über große Erfahrung und bilden sich regelmäßig fort. Hier besteht immer das Ziel, auf eine Narkose verzichten zu können. Bei Kinderbehandlungen ist die Wissenschaftliche Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ)* maßgeblich. Vergleichbare Empfehlungen bestehen für die Behandlung Pflegebedürftiger durch die Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ).

Alle Materialien und Geräte in unseren Praxen müssen den Anforderungen im Medizinproduktegesetz entsprechen. Während des Betriebs verpflichtet die Medizinprodukte-Betreiberverordnung zu regelmäßiger Wartung und Kontrolle. Überprüft werden Praxen auch in regelmäßigen Begehungen durch verschiedene Behörden: Gesundheitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, Behörde für Arbeitsschutz, Berufsgenossenschaft.

Die passende Anästhesieausrüstung für die jeweilige Alters- und Patientengruppe vorzuhalten, steht in der Verantwortung der Anästhesie. 

Vorbeugen ist immer besser!

Eine Narkosebehandlung ist immer nur die Ultima Ratio.

Vorher hilft die Vorbeugung, mit der die Zahnmedizin in Deutschland an der Weltspitze steht: 81 % der 12-Jährigen sind kariesfrei. Leider gibt es aber immer noch eine kleine Gruppe von Kindern mit besonders hohem Kariesbefall. Hier wäre an die Eltern der dringende Appell zu richten, die kostenlosen Präventions-Programme wahrzunehmen. Für Erwachsene und Senioren gibt es ebenfalls breitgefächerte Präventionsprogramme, auf die niemand verzichten sollte.
 

Ambulante Vollnarkose beim Zahnarzt

Sedierung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde


*Rahman, A., Hinrichs-Priller, J. & Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ). Ambulante zahnärztliche Behandlung von Kindern und Jugendlichen in Allgemeinanästhesie. Oralprophylaxe Kinderzahnheilkd 44, 22–25 (2022). https://doi.org/10.1007/s44190-022-0632-3

 


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