Keine Beihilfefähigkeit der adhäsiven Befestigung der Gebührennummer 6100 GOZ

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen | Aktenzeichen: 2 A 887/ 16 (Vorinstanz VG Dresden 070.7.2016 - 11 K 1756/ 15) | Dokumententyp: Beschluss | Rechtskraft: 
Paragraphen: § 4 - Gebühren
Gebührennummern: 2197, 6100

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Die Berechnung der adhäsiven Befestigung neben der Geb.-Nr. 6100 GOZ ist zwar umstritten, aber vertretbar. Soweit die Beihilfeverordnung eine Nebeneinanderberechnung ausschließt, beseitigt dies aber die Beihilfefähigkeit.

Beschlusstext


Tenor
 

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. Juli 2016 - 11 K 1756/15 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten im Wege der Beihilfe, die für kieferorthopädische Leistungen gemäß GOZ-Nr. 2197 (adhäsive Befestigung) neben der ebenfalls abgerechneten GOZ-Nr. 6100 (Eingliederung eines Klebebrackets zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel) entstanden sind.

Der Kläger, der als Steueramtmann (A 11) im Dienst des Beklagten steht, legte der Beihilfestelle den kieferorthopädischen Behandlungsplan vom 4. Mai 2015 für seine im Jahr 2000 geborene Tochter vor. Dieser wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 28. Mai 2015 als dem Grunde nach beihilfefähig anerkannt, allerdings mit der Einschränkung, dass die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 für die adhäsive Befestigung von Klebebrackets neben der GOZ-Nr. 6100 nicht beihilfefähig sei, weil letztere ihrem Leistungsinhalt nach eine Klebebefestigung umfasse. Der Kläger legte vorsorglich Widerspruch ein.

Unter dem 26. Juli 2015 beantragte der Kläger die Erstattung von Aufwendungen im Wege der Beihilfe und legte die Rechnung der Kieferorthopädin vom 15. Juli 2015 in Höhe von 2.126,97 EUR vor, in der unter dem Leistungsdatum 24. Juni 2015 sowohl die GOZ-Nr. 6100 mit 213,40 EUR als auch die GOZ-Nr. 2197 mit 168,20 EUR abgerechnet werden. Mit Beihilfebescheid vom 7. August 2015 wurden im Hinblick auf die o.g. Rechnung nur 1.933,70 EUR als beihilfefähig angesehen und bei einem Bemessungssatz von 80 % insgesamt 1.546,96 EUR bewilligt. Zur Begründung der Nichtbewilligung von Beihilfe für die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 i. H. v. 168,20 EUR wurde ausgeführt, diese Leistung sei bereits Bestandteil des Leistungsinhalts der ebenfalls abgerechneten GOZ-Nr. 6100, wie sich aus Nr. 4.5.8.2.10 VwV-SächsBhVO zu § 4 Abs. 5 SächsBhVO ergebe. Mit Widerspruch vom 11. August 2015 wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der GOZ-Nr. 2197.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2015 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen nach 10 SächsBhVO beurteile sich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die GOZ-Nr. 6100 umfasse das Positionieren, das Kleben von Brackets und die Überschussentfernung. Dies schließe die „adhäsive“ Befestigung ein (im Gegensatz zur - in der Praxis nicht mehr verwendeten - Befestigung durch Zementieren). Dagegen betreffe die mit der GOZ-Novelle neu eingeführte GOZ-Nr. 2197 als unselbständige Teilleistung regelmäßig (Ziel-)Leistungen der konservierenden oder prothetischen Versorgung. Dem stehe auch nicht die der GOZ-Nr. 2197 zugeordnete Punktzahl (130 Punkte) im Vergleich zu 165 Punkten für die GOZ-Nr. 6100 entgegen, denn die Hauptleistung der Eingliederung eines Klebebrackets bestehe gerade in dessen Befestigung.

Auf die am 13. Oktober 2015 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Juli 2016 - 11 K 1756/15 - den Beklagten zur Gewährung weiterer Beihilfe im Hinblick auf die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 in Höhe von 134,56 EUR. Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beurteile sich gemäß § 4 Abs. 5 SächsBhVO nach dem Gebührenrahmen der GOZ.

Beihilfefähigkeit knüpfe an den Leistungsanspruch des Zahnarztes an und setze grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt habe. Für die Frage der Angemessenheit sei die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend. Zwar sei im konkreten Fall keine Entscheidung der Zivilgerichte erfolgt; die Frage sei auch nicht abschließend durch den Bundesgerichtshof geklärt. Indes sei die vorliegend zu beantwortende Gebührenfrage der Berechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-Nr. 6100 in der Zivilgerichtsbarkeit letztlich nicht umstritten (vgl. BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 14 BV 15.527 -, juris mit Überblick zur vorhandenen Zivilrechtsprechung). Die hierzu ergangene Rechtsprechung bejahe die Abrechenbarkeit nahezu einhellig; eine abweichende Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg sei inhaltlich nicht überzeugend. Die geltend gemachten Aufwendungen für die GOZ-Nr. 2197 seien hiernach als angemessen anzusehen.

Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 A 624/16 - die Berufung auf Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Mit seiner Berufung trägt der Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Angemessenheit der Aufwendungen betreffend die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 bejaht. Die gebührenrechtliche Frage der Nebeneinanderabrechnung der GOZ-Nrn. 6100 und 2197 sei nicht ausdrücklich geklärt und seit längerem umstritten. Zwar gehe wohl eine überwiegende Meinung in der Zivilrechtsprechung derzeit von deren Zulässigkeit aus. Es gebe aber unstreitig auch abweichende Rechtsprechung, die bislang mangels höchstrichterlicher Klärung auch nicht als hinfällig bezeichnet werden könne (z.B. AG Nürnberg und AG Burgdorf). Zudem sei die Frage in Fachkreisen weiterhin umstritten. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass es unterschiedliche Auffassungen zu der streitigen Gebührenfrage gebe, die jedenfalls als vertretbar zu werten seien. Die insoweit bestehende rechtliche Unsicherheit habe der Beklagte unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 79.08 -, juris) für den Anwendungsbereich des sächsischen Beihilferechts durch Nr. 4.5.8.2.10 Buchst. c VwV-SächsBhVO geklärt. Dies sei dem Kläger zudem vor Entstehen der Aufwendungen individuell mitgeteilt worden. Das Verwaltungsgericht habe unzutreffend angenommen, dass die Zivilrechtsprechung zu der streitentscheidenden Frage nicht (mehr) umstritten sei, nachdem es die abweichenden Entscheidungen als inhaltlich nicht überzeugend bewertet habe. Hierauf komme es indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht an, das allein auf die objektive Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung abstelle. Im Übrigen sei die bisherige überwiegende Rechtsprechung der Zivilgerichte in der Sache nicht überzeugend; es werde hierzu auf die vorgelegte Stellungnahme des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen e.V. vom 16. März 2017 verwiesen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. Juli 2016 - 11 K 1756/15 - zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Die streitgegenständliche Frage sei nicht mehr soweit umstritten, dass von einem wenigstens offenen Ausgang des Verfahrens bei einem Zivilprozess des Klägers gegen den behandelnden Kieferorthopäden gesprochen werden könne. Ein Beharren des Dienstherrn auf einer nicht mehr vertretbaren Auslegung in der Gebührenfrage würde ihn fürsorgepflichtwidrig in einen aussichtslosen Zivilprozess treiben. Zu den vom Verwaltungsgericht benannten zivilrechtlichen Entscheidungen trete das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30. Juni 2016 - 306 O 415/13 - hinzu. Schließlich könne eine Bezugnahme auf Verwaltungsvorschriften nicht streitentscheidend sein.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 27. und 29. Juni 2018 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Behördenakte des Beklagten, die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Dresden und die Gerichtsakte des Zulassungs- und Berufungsverfahrens verwiesen.


Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Grundlage von § 80 SächsBG i. V. m. § 10 SächsBhVO auf Gewährung weiterer Beihilfe im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung seiner Tochter für Aufwendungen nach GOZ- Nr. 2197 in Höhe von 134,56 EUR. Die Bescheide des Beklagten vom 28. Mai und vom 7. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (st. Rspr. des BVerwG, vgl. nur Urt. v. 15. Dezember 2005, BVerwGE 125, 21 m. w. N.). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind keine abweichenden Regelungen getroffen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht daher die Vorschriften der Sächsischen Beihilfeverordnung (im Folgenden: SächsBhVO) vom 16. September 2014 (SächsGVBl. S. 530, 567) in der bis zum 31. Oktober 2015 geltenden Fassung seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Nach § 10 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsBhVO sind Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen dem Grunde nach beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat und ein Heil- und Kostenplan vorgelegt wird. Beides ist hier der Fall.

3. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 SächsBhVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die behördliche Entscheidung darüber unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteile v. 30. Mai 1996 - 2 C 10.95 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12, v. 28. Oktober 2004 - 2 C 34.03 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 15 und vom 25. November 2004 - 2 C 30.03 - juris). Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beurteilt sich gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 SächsBhVO nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in der jeweils geltenden Fassung. Die Beihilfevorschriften verzichten insoweit auf eine eigenständige Konkretisierung des Begriffs „angemessen“ (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Februar 1994, BVerwGE 95, 117; BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - 14 BV 15.527-, juris Rn. 19; Senatsurt. v. 7. November 2016 - 2 A 138/15 -, juris Rn. 14) und begrenzen die Kostenerstattung grundsätzlich auf die Gebühren, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreiten (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 2 SächsBhVO). Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen an den Leistungsanspruch des Arztes an und setzt grundsätzlich voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30. Mai 1996, DVBl. 1996, 1150; BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 a. a. O.).

Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 9.08 -, juris Rn. 14 m. w. N.; Beschl. v. 5. Januar 2011 - 2 B 55.10 -, juris Rn. 4). Ist der Beamte vom Zivilgericht rechtskräftig zur Begleichung der Honorarforderung eines Arztes verurteilt worden, ist die Vergütung regelmäßig angemessen im Sinne des Beihilferechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. November 2004 - 2 C 30.03 - a. a. O.). Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2008 - 2 C 19.06 -, juris). Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen, deren Berechnung auf einer zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht, sind beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 9.08 - a. a. O. Rn. 14 m. w. N.).

4. In Anwendung dieser Maßstäbe, denen sich der Senat anschließt, ist eine Abrechnung des von der behandelnden Kieferorthopädin in Rechnung gestellten Honorars für Leistungen nach GOZ-Nr. 2197 in Höhe von 168,20 EUR neben der ebenfalls in Rechnung gestellten Leistung nach GOZ-Nr. 6100 nicht angemessen.

a) Eine Entscheidung im Zivilrechtsweg über die Forderung der Kieferorthopädin für die von ihr erbrachten und abgerechneten Leistungen ist nicht ergangen. Auch ist die Frage der Auslegung der streitigen Gebührennummern höchstrichterlich nicht geklärt; eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage, ob die Tatbestände GOZ- Nr. 2197 und GOZ-Nr. 6100 nebeneinander abrechenbar sind, existiert nicht. Die Rechtsfrage wird in der Zivilrechtsprechung überwiegend bejaht (vgl. hierzu etwa BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - 14 BV 15.527 - a. a. O. Rn. 22; ferner den Überblick in der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme der PKV vom 16. März 2017, zu finden als Link unter der im Internet abrufbaren Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), Gebührenteil, GOZ-Nr. 2197). In der Kommentarliteratur ist sie umstritten (vgl. die gerade erwähnte Kommentierung der PKV einerseits und andererseits den ebenfalls im Internet abrufbaren Kommentar der Bundeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit den (Landes-)Zahnärztekammern, GOZ-Nr. 2197; die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing, in: DER Kommentar BEMA und GOZ geht unter Bezugnahme auf die überwiegende Anzahl zivilrechtlicher Entscheidungen von einer Abrechenbarkeit beider Gebührenpositionen aus). Angesichts dieser Bestandsaufnahme kann von einer abschließenden Klärung der Frage in der Zivilgerichtsbarkeit derzeit nicht ausgegangen werden. Eine solche könnte - ohne Entscheidung des Bundesgerichtshofs - allenfalls angenommen werden, wenn sämtliche mit der Frage befassten Zivilgerichte die Frage übereinstimmend beantworten würden bzw. eine abweichende Auffassung nicht denkbar wäre, etwa weil ausschließlich eine einzige Auslegung in Betracht kommt. Dies ist hier nicht der Fall, vielmehr erscheint die Rechtsfrage als offen und nicht zwingend einer einzigen Lösung zugänglich (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 6. Juni 2016 - a. a. O., wonach weder der Wortlaut von GOZ-Nr. 2197 noch von GOZ-Nr. 6100 eindeutig sei; vgl. auch die Stellungnahme der PKV vom 16. März 2017, die sich differenziert mit den einschlägigen Argumenten auseinandersetzt).

b) Der von der Kieferorthopädin in Rechnung gestellte Betrag entspricht bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung. Die Abrechnung von GOZ-Nr. 2197 neben GOZ-NR. 6100 entspricht - wie vorstehend dargelegt - der derzeit überwiegenden Rechtsprechung der Zivilgerichte. Ob diese letztlich inhaltlich überzeugend ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

c) Indessen hat der beihilfepflichtige Dienstherr vorliegend rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der GOZ gesorgt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 2009 - 2 C 9.08 - a. a. O. Rn. 14 m. w. N.; Beschl. v. 5. Januar 2011 - 2 B 55.10 - a. a. O. Rn. 11). So legt Nr. 4.5.8.2.10 Buchst. c VwV- SächsBhVO fest, dass die Leistung nach GOZ-Nr. 2197 für eine adhäsive Befestigung von Klebebrackets (GOZ-Nr. 6100) nicht beihilfefähig sei, da deren Leistungsinhalt eine „Klebebefestigung“ umfasse. Die GOZ-Nr. 6100 umfasse als Leistung die Eingliederung eines Klebebrackets. Der Begriff „Klebebracket“ setze zwingend voraus, dass das Bracket „geklebt“ werde. Auch wenn in der GOZ von „Klebebrackets“ und nicht von „adhäsiv befestigten Brackets“ die Rede sei, müsse aufgrund der Synonymie beider Begriffe davon ausgegangen werden, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ für Klebebrackets in dem Sinn gelte, dass die GOZ-Nr. 2197 für die adhäsive Befestigung nicht zusätzlich berechnet werden könne; das Kleben sei bereits Bestandteil der Leistung nach GOZ-Nr. 6100. Mit dieser Festlegung hat der Beklagte im Rahmen seiner Kompetenz zum Erlass norminterpretierender Verwaltungsvorschriften für den Anwendungsbereich des sächsischen Beihilferechts die Frage der Anwendbarkeit der GOZ-Nr. 2197 neben der GOZ-Nr. 6100 geklärt. Dass die hierbei zugrunde gelegte Auslegung inhaltlich nicht vertretbar sein könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger nicht vorgetragen. Die maßgebliche Verwaltungsvorschrift existierte bereits zum Zeitpunkt des Beginns der kieferorthopädischen Behandlung der Tochter des Klägers. Der Kläger war zudem nach Vorlage des Heil- und Kostenplans mit Schreiben vom 28. Mai 2015 ausdrücklich hierauf hingewiesen worden. Der Dienstherr hat es hierdurch gerade vermieden, den Kläger fürsorgepflichtwidrig in einen Zivilprozess gegen die behandelnde Ärztin zu treiben, indem er von vornherein seine Auslegung der offenen Rechtsfrage klargestellt hat. Dem Kläger war es dadurch unbenommen, seine weitere Vorgehensweise hierauf abzustimmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Gründe nach § 132 VwGO nicht vorliegen.


Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 134 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG. Sie folgt der zutreffenden Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten keine Einwände geltend gemacht haben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

 


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