Entfernung von KFO-Bögen

Gericht: Oberverwaltungsgericht NRW | Aktenzeichen: 1 A 2596/ 16, Vorinstanz (Verwaltungsgericht Köln, 19 K 4516/ 15 | Dokumententyp: Urteil | Rechtskraft: 
Paragraphen: § 6 - Gebühren für andere Leistungen
Gebührennummern: 2197, 2290, 6030, 6040, 6060, 6080, 6100, 6130

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Die Entfernung von KFO-Bögen ist nicht von den Kernpositionen 6030 bis 6080 erfasst und daher nach § 6 Abs. 1 GOZ analog zu berechnen. Der Runderlass eines Finanzministeriums beschränkt die Berechnung auf die Geb.-Nr. 6130 analog.

 

Urteilstext


Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Unter Einbeziehung der im Umfang der dortigen Klageabweisung teilrechtskräftigen erstinstanzlichen Entscheidung wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kosten des Klageverfahrens erster Instanz tragen unter Einbeziehung des rechtskräftigen Teils der Kostenentscheidung erster Instanz (einschließlich der Kosten der Hauptsacheerledigung) der Kläger zu 4 Fünfteln und der Beklagte zu einem Fünftel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Der Kläger ist als Beamter des Beklagten mit einem Bemessungssatz von 80 v.H. der krankheitsbedingten Aufwendungen für seine berücksichtigungsfähige Tochter beihilfeberechtigt. Mit seiner Klage begehrt er die Bewilligung weiterer Beihilfe für die kieferorthopädische Behandlung seiner Tochter.

Unter dem 19. Januar 2015 beantragte der Kläger die Gewährung einer Beihilfe u. a. für Aufwendungen, die der Kieferorthopäde Dr. C.       mit drei Rechnungen vom 4. Juli 2014, 26. September 2014 und 19. Dezember 2014 in Höhe von 326,66 Euro, 149,50 Euro und 580,55 Euro (zusammen: 1.056,71 Euro) geltend gemacht hatte. Die Rechnungspositionen betrafen verschiedene Leistungen und Auslagen für die kieferorthopädische Behandlung der Tochter des Klägers im Zeitraum Mai bis November 2014.

Auf diesen Antrag bewilligte die Bezirksregierung Köln dem Kläger mit Bescheid vom 2. Februar 2015 eine Beihilfe in Höhe von 633,15 Euro auf die o. a. Rechnungen des Kieferorthopäden. Insoweit erkannte der Beklagte (nur) einen Betrag in Höhe von 791,43 Euro als beihilfefähig an. Die mit Rechnung vom 4. Juli 2014 angesetzte Leistung GOZ 2197 (Adhäsive Befestigung) sei nicht berücksichtigungsfähig, weil die Befestigung des Klebebrackets bereits von der ebenfalls abgerechneten Leistung GOZ 6100 umfasst sei. Ebenfalls setzte der Beklagte die zweimal – jeweils in den Rechnungen vom 26. September 2014 und vom 16. Dezember 2014 – für die Entfernung eines Bogens oder Teilbogens mit je 23,28 Euro analog angesetzte Position GOZ 2290 (Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches) ab. Dafür sei die Position GOZ 6130 analog mit einem Steigerungssatz von 2,3 berechenbar (2 x 2,56 Euro). Schließlich seien die unter dem 19. Dezember 2014 für den Einsatz von Lingualretainern mit einem Steigerungssatz von 3,5 berechneten Positionen GOZ 6100 (Eingliederung eines Klebebrackets) und GOZ 6140 (Eingliederung eines Teilbogens) nicht beihilfefähig, weil der Einsatz von Retainern mit den gleichzeitig berechneten Positionen GOZ 6040 und 6060 abgegolten sei.

Den gegen die Kürzungen in allen Punkten (fristgerecht) erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung L.    mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2015 – zugestellt am 13. Juli 2015 – als unbegründet zurück. Sie verwies dabei unter anderem auf die die Beihilfestelle bindenden Vorgaben in dem Runderlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2012.

Der Kläger hat am 10. August 2015 Klage erhoben mit dem Ziel, eine weitere Beihilfezahlung in Höhe von 212,22 Euro zu erhalten. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Nummern 2197 und 6100 GOZ seien nach zivilgerichtlicher Rechtsprechung nebeneinander abrechenbar. Der Begriff „Eingliedern“ in Nummer 6100 GOZ umfasse auch nicht begriffsnotwendig das adhäsive Befestigen des Klebebrackets. Die Entfernung eines Bogens sei mit dem analogen Ansatz der Nummer 2290 und nicht demjenigen der Nummer 6130 GOZ abrechenbar. Auch das sei zivilgerichtlich schon so entschieden worden. Die Nummer 6130 GOZ passe bereits ausgehend vom Wortlaut nicht. Die Eingliederung eines Retainers sei im Verhältnis zu den Gebührenpositionen GOZ 6030 bis 6080 gesondert abrechenbar. Die Formulierungen in der dazu ergangenen Abrechnungsvorschrift stünden dem nicht entgegen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Vertreterin des Beklagten den streitgegenständlichen Beihilfebescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides geändert und dem Kläger (für die vom Kieferorthopäden angesetzte Gebührenposition GOZ 2197) eine weitere Beihilfe in Höhe von 42,11 Euro bewilligt. Insoweit haben die Beteiligten die Klage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger hat daraufhin (nur noch) beantragt,

das beklagte Land unter Änderung seines Bescheides vom 2. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2015 in der Fassung vom 25. November 2016 zu verpflichten, ihm eine weitere Beihilfe in Höhe von 170,11 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine bisherige Rechtsauffassung bekräftigt und erneut auf die Bindung an den bestehenden Erlass hingewiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht das Verfahren im Umfang der abgegebenen Erledigungserklärungen eingestellt und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 2. Februar 2015 in der Fassung desWiderspruchsbescheides vom 9. Juli 2015 in der Fassung vom 25. November 2016 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 33,10 Euro zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kieferorthopäde habe für das Entfernen eines Bogens oder eines Teilbogens zutreffend die Nummer 2290 GOZ analog angesetzt. Es handele sich hierbei um eine selbstständige Leistung. Diese sei auch im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ der abgerechneten Leistung des Gebührenverzeichnisses gleichwertig. Dem geringeren Aufwand in Verhältnis zur Eingliederung eines Bogens oder Teilbogens trage auch ein geringerer Punktwert Rechnung. Der Kieferorthopäde habe die Eingliederung eines Retainers dagegen zu Unrecht zusätzlich zu den Nummern 6040, 6060 GOZ abgerechnet. Die insoweit bestehende Abrechnungsvorschriftschließe dies aus.

 

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung (allein) des Beklagten trägt dieser im Wesentlichen vor: Für eine entsprechende Anwendung der Gebührennummer 2290 GOZ bestehe hier kein Raum. Die Voraussetzungen einer Analogie lägen nicht vor. Es bestehe bereits keine planwidrige Regelungslücke in der Verordnung. Das Entfernen von Bögen oder Teilbögen sei keine selbstständige Leistung, sondern lediglich eine mit abgegoltene Teilleistung der kieferorthopädischen Behandlung. In diesem Sinne hätten etwa das Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 5. April 2016 – 6 K 2038/13 – und das Verwaltungsgericht Münster mit Urteilen vom 22. Februar 2017 – 5 K 397/16 – sowie vom 16. April 2018 – 5 K 3296/16 – entschieden. Dass das Einbringen von Bögen oder Teilbögen als selbstständige Leistung des Kieferorthopäden einzuordnen sei, ändere daran nichts. Denn nur dort sei zugleich das korrekte Auswählen und Anpassen des Bogens zu leisten, das für den gesamten Therapieverlauf von entscheidender Bedeutung sei. Unabhängig davon scheitere die analoge Anwendung der Nummer 2290 GOZ an der erforderlichen Gleichartigkeit zwischen einerseits der Entfernung auf Dauer eingegliederter zahntechnischer Werkstücke wie Einlagenfüllungen, Kronen, Brücken und Stegen und andererseits der Entfernung von kieferorthopädischen Bögen. Letztere erfordere einen wesentlich geringeren Kosten- und Zeitaufwand. Der relativ hohe Punktwert der Gebührennummer 2290 GOZ trüge dem nicht Rechnung. Angesichts der geringen Komplexität der Entfernung eines Bogens oder Teilbogens wären bei Einbeziehung der Honorierung eher die Nummern 6130 GOZ („Entfernen eines Bandes einschließlich Polieren und ggf. Versiegelung des Zahnes“) oder 6110 GOZ („Entfernung eines Klebebrackets einschließlich Polieren und ggf. Versiegelung des Zahnes“) vergleichbar und damit (hilfsweise) für eine Analogie geeignet. In Ansehung all dessen überzeuge die Argumentation in dem für den Kläger günstigen Urteil des Amtsgerichts Pankow-Weißensee vom 10. Januar 2014 – 6 C 46/10 – nicht. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass durch die Achte Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung NRW vom 15. Dezember 2017 bezogen auf Aufwendungen, die nach dem 31. Dezember 2017 entstanden sind/entstehen, in Nummer 30 der Anlage 7 nunmehr Folgendes geregelt sei: „Die Entfernung eines Bogens oder Teilbogens ist analog der Nummer 6130 GOZ berechenbar; der Ansatz der Nummer 2702 GOÄ analog oder 2290 GOZ analog ist dagegen nicht angemessen“.

 

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht im Wesentlichen geltend: Die Forderung des Kieferorthopäden bestehe zu Recht. Es gehe bei der kieferorthopädisch begründeten Entfernung eines Bogens oder Teilbogens sowohl um eine selbstständige als auch um eine der Gebührennummer 2290 GOZ nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung. Die vorliegend streitige Abrechnung über die GOZ-Nummer 2290 entspreche einschlägigen Gerichtsentscheidungen und Auffassungen in der Literatur sowie einem Beschluss der GOZ-Kommission von 19. Februar 2012. Die betreffende Leistung werde auch nicht durch eine andere Gebührennummer zutreffender beschrieben. Mindestens lägen bei objektiver Bewertung ernsthaft widerstreitende Auffassungen über die Berechtigung eines Gebührensatzes vor. Diese Unklarheit dürfe hier nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen, weil der Dienstherr seine Auffassung nicht rechtzeitig deutlich klargestellt habe. Auf den Runderlass des Finanzministeriums NRW habe der Beklagte sich erstmals im Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2015 berufen.

Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Senats vom 23. November 2018 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges (1 Heft) Bezug genommen.

 


Entscheidungsgründe

 

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gewährung der ihm erstinstanzlich zugesprochenen weiteren Beihilfe in Höhe von 33,10 Euro. Die von dem Kieferorthopäden Dr. C.      in den Rechnungen vom 26. September 2014 und 16. Dezember 2014 (in analoger Anwendung) jeweils angesetzte Gebührennummer 2290 der Gebührenordnung für Zahnärzte in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 5. Dezember 2011 (GOZ) ist nicht abrechenbar. Die betreffenden ärztlichen Leistungen für die kieferorthopädische Behandlung der Tochter des Klägers sind nur in der Höhe angemessen, in der sie der Beklagte in seiner Beihilfeabrechnung ausgehend von einer analogen Anwendung der Gebührennummer 6130 GOZ bereits berücksichtigt hat.

Maßgeblich für das Bestehen eines Beihilfeanspruchs sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der streitbefangenen Aufwendungen, hier im Juli bzw. Oktober 2014.

Vgl. etwa das Urteil des Senats vom 18. Mai 2018 – 1 A 1028/17 –, juris, Rn. 34 f., m. w. N.

Gemäß § 77 (insbesondere Abs. 3 und 8) des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009 – LBG NRW 2009 –, GV. NRW. S. 224, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen vom 5. November 2009 – BVO NRW –, GV. NRW. S. 602, in der Fassung der Vierten Änderungsverordnung vom 15. November 2013, GV. NRW. S. 643, sind beihilfefähig die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange (u. a.) in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung und Linderung von Leiden und zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden. Die Beihilfefähigkeit kieferorthopädischer Leistungen ergibt sich im Übrigen unmittelbar aus § 4 Abs. 2 BVO NRW, dessen besondere Voraussetzungen (Altersbegrenzung) nicht in Streit stehen. Über die medizinische Notwendigkeit der Behandlung der Tochter des Klägers streiten die Beteiligten ebenfalls nicht.

Bei den noch streitbefangenen Rechnungspositionen handelt es sich in dem Umfang, in dem bislang keine Beihilfe gewährt wurde, nicht um angemessene Aufwendungen.

Die Angemessenheit bestimmt sich in Bezug auf (zahn-)ärztliche Leistungen nach den nachfolgend dargestellten Grundsätzen (dazu 1.). Danach ist die Beihilfefähigkeit der streitigen Aufwendungen, die nicht unmittelbar von einer der Gebührennummern des Gebührenverzeichnisses der GOZ erfasst werden, nicht deswegen ausgeschlossen, weil es an dem Merkmal der Selbstständigkeit der Leistung fehlen würde, vielmehr eine bereits durch andere Gebührennummern abgegoltene und deswegen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 und 4 GOZ ausgeschlossene Doppelleistung vorläge. Auf diese Frage kommt es für das Ergebnis des Berufungsverfahrens im Übrigen nicht an (dazu 2.). In Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ ist die von dem Kieferorthopäden vorgenommene Abrechnung auf der Basis einer Analogie zur Gebührennummer 2290 GOZ wegen fehlender (hinreichender) Gleichwertigkeit der Leistungen nicht möglich (dazu 3.). Das entsprechende Ansetzen der Gebührennummer 6130 GOZ durch den Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen zu beanstanden (dazu 4.).

1. Ob die Honorarforderung des Arztes für eine ärztliche oder zahnärztliche Behandlung angemessen ist, beurteilt sich nicht nur für das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient, sondern (jedenfalls soweit es wie hier keine abweichenden beihilferechtlichen Bestimmungen gibt) auch für das Beihilferecht ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der entsprechenden (zahn)ärztlichen Gebührenordnung. Maßgebend ist insoweit die Auslegung des (zahn)ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte, die darüber letztverbindlich entscheiden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2009– 2 C 79.08 –, juris, Rn. 14, und Beschluss vom 5. Januar 2011 – 2 B 55.10 –, juris, Rn. 4, jeweils m. w. N.

Ist – wie hier – eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg im konkreten Fall nicht ergangen und ist die streitige Auslegungsfrage zum ärztlichen Gebührenrecht auch nicht anderweitig von den Zivilgerichten höchstrichterlich geklärt oder durch eine einheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte beantwortet worden, hat der Dienstherr selbstständig zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind. Da dem Dienstherrn insoweit ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum nicht zusteht, unterliegt diese Frage grundsätzlich der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 2 C 10.95 –, juris, Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 15. März 2016 – 1 A 120/15 –, juris, Rn. 21.

Etwas anderes gilt nur, wenn die Berechnung von Aufwendungen auf einer (ernstlich) zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht. Diese Aufwendungen sind beihilferechtlich „schon dann“ als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung der streitigen Gebührennummer(n) gesorgt hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2009– 2 C 79.08 –, juris, Rn. 14, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; ebenso nunmehr entsprechend zu Heilbehandlungskosten im Dienstunfallfürsorgerecht auch BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2017 – 2 C 19.16 –, juris, Rn. 17 ff.

Der Vertretbarkeitsmaßstab erleichtert die beihilferechtliche Angemessenheitsprüfung ausschließlich zugunsten des Beihilfeberechtigten. Hat der Dienstherr seine Rechtsauffassung vorab nicht klargestellt und haben sich die Beihilfeberechtigten deswegen nicht rechtzeitig auf einen möglichen Ausfall an Beihilfezahlungen einstellen können, sollen objektive Unklarheiten der Gebührenordnung, die zu unterschiedlichen Auffassungen Anlass geben, nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen. Aus Gründen der Fürsorgepflicht soll dieser nicht vor die Wahl gestellt werden, entweder auf eigenes Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2017 – 2 C 19.16 –, juris, Rn. 18.

Hat der Dienstherr dagegen seine Auslegung rechtzeitig vorab klargestellt, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass die erforderliche (beihilferechtliche) Klärung den Verwaltungsgerichten obliegt, die das ärztliche Gebührenrecht umfassend auslegen.

Vgl. – eindeutig in diesem Sinne – BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1994 – 2 C 10.92 –, juris, Rn. 12 ff., und vom 21. September 1995 – 2 C 33.94 –, juris, Rn. 12; wohl auch Urteil vom 28. Oktober 2004 – 2 C 34.03 –, juris, Rn. 17; siehe ferner ausführlich OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2016 – 2 A 10634/15.OVG –, n. v., Seite 11 ff. des amtl. Abdrucks, sowie OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2016 – 1 A 1660/15 –, juris, Rn. 14.

Der Umstand, dass der Dienstherr seine Auslegung vorab bekannt gemacht hat, rechtfertigt es nicht, diese Auslegung nur einer (objektiven) Vertretbarkeitsprüfung zu unterziehen. Eine solche einseitige prozessuale Privilegierung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Beihilfeberechtigte vorrangig eine zivilrechtliche Klärung der gebührenrechtlichen Fragestellungen hätte herbeiführen müssen. Der Beihilfeberechtigte ist auch bei dieser Sachlage hierzu nicht verpflichtet und hat das Fehlen einer zivilgerichtlichen Rechtsprechung – anders als der Dienstherr die fehlende rechtzeitige Offenlegung seiner Auslegung – nicht zu verantworten. Dennoch trüge er im Rechtsstreit erkennbar das höhere Risiko. Der Ausgang eines beihilferechtlichen Rechtsstreits hinge nämlich letztlich nur noch davon ab, ob der Dienstherr seine (vertretbare) Auslegung rechtzeitig verlautbart hat. Die Klage des Beihilfeberechtigten hätte selbst dann keinen Erfolg, wenn seine abweichende Auslegung besser vertretbar wäre. Auch ansonsten besteht bei dieser Sachlage kein schützenswertes Entscheidungsmonopol der Zivilgerichte, das bei einer verwaltungsgerichtlichen Vollprüfung unterlaufen würde.

An den Inhalt des Runderlasses des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2012 (Az. B 3100 – 3.1.6.2.A – IV A 4) ist der Senat von vorneherein nicht gebunden.

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Abrechnung der streitbefangenen Position, die sich keiner Nummer des Gebührenverzeichnisses der GOZ unmittelbar zuordnen lässt, zwar nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Zielleistungsprinzips deswegen ausgeschlossen, weil es sich im Verhältnis zu den Nummern 6030 bis 6080 GOZ um keine selbstständige zahnärztliche Leistung handeln würde.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ kann der Zahnarzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Nach § 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ ist eine Leistung methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn sie inhaltlich von der Leistung der anderen Leistung (Zielleistung) umfasst und auch in deren Bewertung berücksichtigt worden ist. Grundvoraussetzung für die Abrechnung ist infolgedessen, dass es sich um eine selbstständige (zahn)ärztliche Leistung handelt, wobei prinzipiell alle im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistungen hierfür in Betracht kommen.

Vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Januar 2010– III ZR 147/09 –, juris, Rn. 7, und vom 13. Mai 2004 – III ZR 344/03 –, juris, Rn. 7.

a) Zum einen kommt es hier auf die Beantwortung der Frage der Selbstständigkeit der Leistung für das Ergebnis des Berufungsverfahrens nicht an. Der Beklagte hat nämlich für diese Leistung eine Beihilfe gewährt, wenn auch auf der – zutreffenden – Grundlage der analogen Anwendung einer anderen als der vom Kieferorthopäden abgerechneten Gebührennummer. Das setzt vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 2 Satz 2 und 4 GOZ wie auch des § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ voraus, dass der Beklagte die Leistung als gesondert abrechenbar und mithin als eine selbstständige Leistung angesehen hat. Dass die betreffende Beihilfezahlung nur aus Kulanzgründen erfolgt wäre, ist nicht zu erkennen. Die Vorgehensweise des Beklagten im Verwaltungsverfahren hat im Übrigen der allgemeinen Vorgabe in Abschnitt B Nummer 26 des Runderlasses des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2012 entsprochen.

b) Zum anderen greift – unabhängig davon – der vom Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Einwand der fehlenden selbständigen Abrechenbarkeit der Ausgliederung von kieferorthopädischen Bögen im Verhältnis zu den Grundpositionen der Nummern 6030 bis 6080 GOZ auch in der Sache nicht durch. Diese Grundpositionen sollen (lediglich) die auf einen Zeitrahmen von bis zu vier Jahren bezogene, auf den Erfolg der kieferorthopädischen Behandlung gerichtete (namentlich auch „intellektuelle“) Gesamtleistung des behandelnden Zahnarztes nur einmal pauschal abgelten. Sie beziehen sich dagegen nicht auf eine Komplex- oder Zielleistung und schließen es nach Systematik, Zielsetzung und Entstehungsgeschichte, aber auch unter Berücksichtigung ihres Wortlauts sowie des Wortlauts der zugehörigen Abrechnungsbestimmung nicht aus, dass andere der kieferorthopädischen Behandlung zuzurechnende (handwerkliche) Einzelleistungen, wie namentlich die von den Nummern 6100 ff. GOZ erfassten Leistungen, neben den Nummern 6030 bis 6080 GOZ selbstständig abrechenbar sind. Das gilt gleichermaßen für eine in Betracht kommende analoge Anwendung dieser Gebührenpositionen.

Vgl. dazu näher die Urteile des Senats ebenfalls vom 23. November 2018 zu den Verfahren mit den Aktenzeichen 1 A 1825/16, 1 A 2252/16 und 1 A 1044/17, alle demnächst in juris.

Ergänzend sei angemerkt, dass nach Maßgabe eines Vertretbarkeitsmaßstabs erst recht kein davon abweichendes Ergebnis begründbar wäre. Hier hatte der Dienstherr seine Rechtsauffassung zu der Frage der selbstständigen Abrechenbarkeit der Ausgliederung kieferorthopädischer Bögen als Auslegungsfrage des zahnärztlichen Gebührenrechts vor der streitbefangenen Behandlung jedenfalls nicht im Sinne von deren Verneinung klargestellt und es gab/gibt zu dieser Frage in der Rechtsprechung ernsthaft widerstreitende Auffassungen, ohne dass bisher eine abschließende oder auch nur richtungsweisende Klärung erfolgt wäre.

Vgl. einerseits etwa AG Pankow-Weißensee, Urteil vom 10. Januar 2014 – 6 C 46/13 –, juris, Rn. 14, andererseits VG des Saarlandes, Urteil vom 5. April 2016 – 6 K 2038/13 –, juris, Rn. 29 (mit Hinweisen zur Gegenauffassung), und VG Münster, Urteile vom 22. Februar 2017 – 5 K 397/16 –, juris, Rn. 24 ff., und vom 16. April 2018 – 5 K 3296/16 –, n. v., Seite 197 ff. der Gerichtsakte.

c) Infolgedessen besteht hier im Grundsatz die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung einer anderen Leistungsposition des Gebührenverzeichnisses der GOZ nach § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ. Die Fassung des § 6 Abs. 2 GOZ 1988, die die Möglichkeit der Analogie nur für solche zahnärztlichen Leistungen eröffnet hatte, die erst nach Inkrafttreten der GOZ aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt worden waren,

vgl. dazu etwa Liebold/Raff/Wissing, GOZ, Stand: Dezember 2017, § 6 Rn. 1 f.,

hat vorliegend keine Bedeutung mehr. Für den Einwand des Beklagten, es fehle an einer der Grundvoraussetzungen der Analogie, nämlich einer planwidrigen Lücke im Gesetz (hier: der einschlägigen Rechtsverordnung „GOZ“), findet sich damit keine Grundlage (mehr).

3. Die (weiteren) tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ für die – entsprechend dem Ansatz des Kieferorthopäden – vom Kläger begehrte analoge Anwendung der Gebührennummer 2290 GOZ liegen aber nicht vor.

a) Der Senat prüft diese Frage vollumfänglich in eigener Kompetenz, da eine abschließende Klärung, namentlich durch die Zivilgerichte, nicht feststellbar ist,

unmittelbar einschlägig (im Rahmen veröffentlichter Entscheidungen) wohl nur AG Pankow-Weißensee, Urteil vom 10. Januar 2014 – 6 C 46/13 –, juris, Rn. 14 ff.,

und der Beklagte seine (von der des behandelnden Arztes abweichende) Rechtsauffassung gegenüber seinen Beihilfeberechtigten rechtzeitig und hinreichend deutlich klargestellt hat.

Eines besonderen (Einzel-)Hinweises in der beihilferechtlichen Rechtsbeziehung zu dem Kläger bedurfte es hier vor Durchführung der Behandlung nicht, zumal in dem eingereichten „Kieferorthopädische(n) Behandlungsplan“ unter den beabsichtigten „Maßnahmen“ weder die Ausgliederung von Bögen oder Teilbögen noch die Gebührennummer 2290 GOZ angeführt wurden. Jedenfalls in einem solchen Falle reicht es aus, wenn der Dienstherr seine Rechtsauffassung zu der Streitfrage – wie hier – rechtzeitig vor der Behandlung in einer für die Betroffenen allgemein zugänglichen Weise bekannt gegeben hat. Dies ist durch den im Ministerialblatt des Landes, Ausgabe 2012, Nummer 29 vom 5. Dezember 2012, Seite 697 bis 710, veröffentlichten Runderlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2012 „Beihilferechtliche Hinweise zum zahnärztlichen Gebührenrecht“ geschehen.

Der Beklagte hat dort seine Rechtsauffassung auch hinreichend deutlich verlautbart. In Abschnitt B Nummer 29 des Erlasses heißt es:

 „Die Entfernung eines Bogens oder Teilbogens ist analog nach der Nummer 6130 GOZ berechenbar; der Ansatz der Ziffer 2702 GOÄ analog ist dagegen nicht angemessen“.

Zwar ist dort die Nummer 2290 GOZ nicht ausdrücklich angesprochen. Das führt aber nicht zu einer beachtlichen Unklarheit. Es bedurfte nämlich nur einer einfachen, von den Beihilfeberechtigten zumutbar zu leistenden Schlussfolgerung, um für die Nummer 2290 GOZ zum selben Ergebnis wie für die – nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen des Senats nur beispielhaft – benannte Ziffer 2702 GOÄ zu gelangen.

Der Beklagte hat an der betreffenden Stelle (durch positive Regelung) eindeutig und konkret bestimmt, welche Analogbewertung für die betreffende Leistung vorzunehmen „ist“. Der Wortlaut lässt insoweit keinen Spielraum zu. Die Festlegung auf die Nummer 6130 GOZ hat dementsprechend nicht nur für die ausdrücklich erwähnte Ziffer 2702 GOÄ, sondern auch für noch in Betracht zu ziehende weitere Analogbewertungen eine ausschließende Wirkung. Eine zweite Analogbewertung für dieselbe Leistung wäre sinnlos. Die Ziffer 2702 GOÄ ist damit lediglich im Sinne eines für bedeutsam erachteten Gegenbeispiels angeführt. Zwar diente auch das der Klarstellung; den wesentlichen Kern des Hinweises enthält aber bereits dessen erster Halbsatz. Dem steht schließlich auch nicht entgegen, dass der inzwischen geltende, sachlich entsprechende Hinweis in Nummer 30 des Abschnitts B der Anlage 7 zur BVO NRW die Nummer 2702 GOÄ analog (als nicht angemessen) ausdrücklich mit erwähnt. Diese Ergänzung der Formulierung bezweckt nur eine weitere (nach dem Vorstehenden aber nicht notwendig gebotene) Klarstellung. Sie ist insbesondere nicht als Verlautbarung einer neuen oder geänderten Rechtsauffassung des Beklagten im Verhältnis zu dem Vorgängerhinweis zu werten.

b) Die in Nummer 2290 GOZ beschriebene Leistung ist mit der abgerechneten Leistung („Ausgliederung eines Bogens, Teilbogens o. ä.“) nicht nach Art, Kosten- und Zeitaufwand vergleichbar.

Die Nummer 2290 GOZ betrifft als Bestandteil des Abschnitts C der GOZ („Konservierende Leistungen“) die Entfernung einer Einlagenfüllung, einer Krone, eines Brückenankers sowie das Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches.

Diese Leistungen unterscheiden sich schon nach der Art erheblich von den hier abgerechneten Leistungen. Eine Übereinstimmung gibt es nur insoweit, als es– ganz allgemein – in beiden Fällen um die Entfernung/Ausgliederung von fest eingebrachten zahntechnischen Elementen bzw. Konstruktionen geht. Ein wesentlicher Unterschied besteht hingegen insofern, als Einlagefüllungen, Kronen, Brücken und Ähnliches mit dem Ziel einer möglichst langfristigen Dauer der betreffenden konservierenden Leistung in den Zahn bzw. das Gebiss eingebracht werden. Das bedingt zugleich eine (jedenfalls angestrebte, wenn auch im Einzelfall nicht immer erreichte) besondere Haltbarkeit der Verbindung zu den ggf. verbleibenden Bestandteilen des natürlichen Zahns bzw. Gebisses oder zu einem Implantat. Häufig ist dabei auch die weitere Gewährleistung der Kaufunktion betroffen. All das ist bei im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung gesetzten Bögen oder Teilbögen, die für die Kaufunktion nicht von Bedeutung sind und ihren Zweck zwar nicht nur ganz kurzfristig, aber typischerweise doch für eine deutlich kürzere und vorübergehende Zeit erfüllen und mitunter während der Behandlung (etwa zwischen aktiver Phase der Kieferumformung und Retentionsphase) gewechselt werden müssen, nicht in vergleichbarer Weise der Fall. Es liegt auf der Hand, dass diese Unterschiede nicht nur für die Einbringung der jeweiligen konstruktiven Elemente, sondern auch für ihre Entfernung, nämlich die Lösung der haltbaren Verbindung, bedeutsam sind.

Das gilt namentlich auch für den Sach-, Kosten- und Zeitaufwand. Die von Nummer 2290 GOZ erfassten Versorgungen wie etwa Einlagefüllungen, Kronen oder Brückenanker können – zumeist unter Beschädigung oder Zerstörung des betroffenen Werkstücks – typischerweise nur mit einem größeren Aufwand wieder aus Zahnkavitäten bzw. von präparierten Zahnstümpfen oder von Implantaten entfernt werden, etwa durch den Einsatz von speziellen Schleifinstrumenten oder Fräsen. In der Regel sind dazu mehrere Schritte nötig.

Vgl. etwa Liebold/Raff/Wissing, GOZ, Stand: Dezember 2017, GOZ-Nummer 2290, Erl. 1.

Bei der Ausgliederung von kieferorthopädischen Zwecken dienenden Bögen oder Teilbögen ist demgegenüber – was die ärztliche Dienstleistung, den Einsatz medizinischer Werkzeuge oder Geräte wie auch die pro Vorgang aufzuwendende Zeit betrifft – typischerweise ein wesentlich geringerer Aufwand zu leisten, der auch hinter der Eingliederung von Bögen/Teilbögen solcher Art noch deutlich zurückbleibt.

Der Beklagte hat insoweit zudem vorgetragen, dass die kieferorthopädische Eingliederung eines Bogens oder Teilbogens durch moderne Behandlungsmethoden einfacher geworden sei. Durch sog. selbstlegierende Brackets müssten die Bögen nicht mehr aufwändig von Hand gebogen werden. Auch würden die Bögen heute kaum noch mit Drahtligaturen befestigt, sondern mit kleinen Gummiringen, was deutlich schneller gehe. Das erleichtere ebenfalls das Ausligieren der Bögen. Die Leistung des Ausligierens werde im Übrigen regelmäßig an die zahnmedizinischen Fachangestellten delegiert und nicht vom Kieferorthopäden selbst erbracht. Demgegenüber erfordere das Einbringen von Bögen oder Teilbögeneinen größeren Aufwand, und zwar insbesondere in Gestalt der Auswahl- und Anpassungsleistung des Kieferorthopäden, die für einen erfolgreichen Therapieverlauf von entscheidender Bedeutung sei. Diese Ausführungen, die der Kläger nur pauschal mit Nichtwissen bestritten hat, sind zumindest in ihrem Kern auch ohne kieferorthopädisches Fachwissen nachvollziehbar. Es drängt sich bereits für einen medizinischen Laien auf, dass – schon unabhängig vom Einsatz modernster Techniken oder Behandlungsmethoden – das Aufbohren/-fräsen etwa eines Inlays oder die Entfernung einer Krone deutlich schwierigere und komplexere Vorgänge sind als die Ausgliederung kieferorthopädischer Bögen oder Teilbögen. Schlüssig erscheint auch, dass die Eingliederung solcher Bögen vom Aufwand her deutlich höher zu bewerten ist als deren nicht unmittelbar dem Behandlungsziel dienende Ausgliederung am Ende einer Behandlung oder als vorbereitender Schritt zur Eingliederung eines neuen Werkstücks.

Gemessen daran wäre das entsprechende Ansetzen der Gebührennummer 2290 GOZ für die Ausgliederung eines Bogens oder Teilbogens auch vor dem Hintergrund der Bewertung der dortigen Leistung mit der Punktzahl 180 nicht angemessen. Dieser Wert läge ganz deutlich etwa über der – schon sachnäheren – Bewertung für die Entfernung eines Klebebrackets einschließlich Polieren und gegebenenfalls Versiegelung des Zahnes (Nummer 6110 GOZ, Punktzahl 80) und erst recht der Bewertung für die Entfernung eines Bandes einschließlich Polieren und gegebenenfalls Versiegelung des Zahnes (Nummer 6130 GOZ, Punktzahl 20). Aus den oben schon genannten Gründen eines unterschiedlichen Aufwandes kann die Eingliederung eines Teilbogens (Nummer 6140 GOZ, Punktzahl 210), den Bewertungsmaßstab für die hier streitbefangenen Leistung der Ausgliederung auch nicht grob vorgeben. Das Argument des Verwaltungsgerichts, mit dem (nur mäßig) geringeren Punktwert von 180 gegenüber dem Punktwert von 210 für die Eingliederung trage die analoge Anwendung der Nummer 2290 GOZ den jeweiligen Unterschieden im Aufwand „angemessen“ Rechnung, überzeugt daher nicht.

In Ansehung all dessen vermag der Senat nicht der Auffassung des Amtsgerichts Pankow-Weißensee (a. a. O., insb. juris, Rn. 14 und 16) zu folgen. Dass der Wortlaut der Gebührennummer 2290 GOZ insofern offen ist, als er am Ende auch auf „ähnliche Leistungen“ verweist, wirkt sich hier nicht aus, weil in der Sache keine (hinreichende) Ähnlichkeit besteht. Die Annahme des Amtsgerichts Pankow-Weißensee, die zu vergütende Leistung werde nicht durch eine andere Nummer des Gebührenverzeichnisses „zutreffender beschrieben“ (als durch die Nummer 2290 GOZ), wird in der dortigen Entscheidung ausschließlich mit Blick auf die Nummer 6140 GOZ näher begründet. Das vermittelt kein umfassendes Bild.

4. Das Ansetzen der Gebührennummer 6130 GOZ in analoger Bewertung durch die Beihilfestelle des Beklagten im Rahmen der Festsetzung und Abrechnung der Beihilfe verletzt Rechte des Klägers auch nicht unter sonstigen Gesichtspunkten. Die in dieser Gebührennummer beschriebene Leistung („Entfernung eines Bandes einschließlich Polieren und gegebenenfalls Versiegelung des Zahnes) erscheint unter den durch § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ vorgegebenen Vergleichbarkeitskriterien am sachangemessensten; das schließt die Bewertung (nur) mit einer Punktzahl von 20 ein. Ein kieferorthopädisch verwendeter Bogen oder Teilbogen ähnelt nach seiner Art und dem relativ geringen Aufwand für seine Ausgliederung eher einem (ebenfalls fest eingegliederten) Band zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel als etwa dem nach der Punktzahl höher bewerteten, weil aufwändiger zu lösenden Klebebracket (Nummer 6110 GOZ).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes nicht gegeben sind.

 

 

 


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